OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Dass dieser Tage wieder einmal eine Reihe von Spionagefilmen zu sehen sind, verdankt sich natürlich dem Umstand des fünfzigsten Jahrestags des Baus der Berliner Mauer. Deutlich unterhaltsamer als das übliche Gedenkzeugs sind die Kinospione allemal, zudem beleuchten sie ja auch einen nicht unwesentlichen Aspekt der Geschichte unserer Stadt: Berlin war im Kalten Krieg die Welthauptstadt der Agenten, denn die Schnittkante zwischen den Systemen war nirgends sonst so greifbar wie in der damaligen Mauerstadt. Und so muss auch der britische Agent Harry Palmer (Michael Caine) in dem Thriller „Finale in Berlin“ (1966, Regie: Guy Hamilton) eben dorthin reisen, weil den Westmächten das Überlaufen eines hochrangigen sowjetischen Offiziers avisiert wird. Tatsächlich hat der Oberst jedoch ganz andere Pläne, und überhaupt ist im undurchsichtigen Treiben der Geheimdienstler hier kaum jemand, was er vorgibt zu sein. Halbwegs den Überblick behält allein Palmer, den seine Charaktereigenschaften und Hobbys (stoisch, renitent, kocht gern) als Antipoden der Superspione à la James Bond ausweisen. Nicht von ungefähr ist er der einzige, den der russische Oberst wirklich ernst nimmt. (12. 8.–17. 8., Tilsiter Lichtspiele)

Die Sommer-Komödien im Filmmuseum Potsdam bieten ein Wiedersehen mit Koki Mitanis schriller Farce „Radio no jikan“ (Welcome Back, Mr. McDonald, 1997), die von der Aufführung des Live-Hörspiels eines kitschigen Liebesdramas namens „Das Schicksal einer Frau“ handelt. Weil der weibliche Star verlangt, ihren Rollennamen in Mary-Jane zu ändern, kommt es im Studio alsbald zu heftigen Eifersuchtsszenen, Nervenzusammenbrüchen und hektischen Krisensitzungen in jeder Werbepause. Denn auch die anderen Sprecher wollen nun Änderungen, und die japanische Romanze im Fischermilieu endet als Stück über einen schottischen Piloten namens Donald McDonald, der zwischenzeitlich im All verloren geht, dann aber doch noch zurückkehren darf. Zum einen wirft Regisseur Mitani hier einen gnadenlosen Blick auf die manchmal absurde Faszination der Japaner für die westliche Zivilisation, zum anderen aber kritisiert der Film auch die japanische Unternehmenskultur, die stets die totale Aufopferung des Arbeitnehmers für seine Firma verlangt: Hier muss die wie ein Lakai behandelte Autorin ihre mit viel Herzblut geschriebene Romanze bis zur absoluten Unkenntlichkeit verhunzen. (OmU 17. 8., Filmmuseum Potsdam)

François Truffauts zweiter Spielfilm „Schießen Sie auf den Pianisten“ (1960) entstand nach einem Krimi des amerikanischen Autors David Goodis: Ästhetisch durchaus am Film noir angelehnt, hat Truffaut aus der Geschichte um den schüchternen Barpianisten Charlie, der in eine Auseinandersetzung mit Gangstern verwickelt wird, dann doch einen Film über das komplizierte Verhältnis zwischen den Geschlechtern gedreht. Und bekanntlich galten die Sympathien des Regisseurs immer den Frauen: Auch Charlie kann seine Gefühle und Handlungen nicht in Deckung bringen. (OmU 15. 8.–17. 8., Lichtblick) LARS PENNING