OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Kann man sich einen Film vorstellen, in dem beispielsweise Naomi Campbell aus ihrem ach so aufregenden Leben erzählt und dann auch noch präzise den Stil berühmter Fotografen charakterisiert? Vermutlich eher nicht. Bei Vera von Lehndorff ist das anders. Als Veruschka war sie das deutsche (Foto-)Supermodel der 1960er Jahre und ist, mit mittlerweile 72 Jahren, bis heute aktiv. Schon lange bestimmt sie ihre Karriere mit ihren fotografischen Selbstporträts und in Zusammenarbeit mit dem Fotografen Holger Trülsch selbst, weiß, wie sie ihre Persönlichkeit in akribischen Inszenierungen zur Geltung bringen kann. Fotografie, auch die kommerzielle Modefotografie, ist für sie immer Kunst gewesen. Idee und Buch der Dokumentation „Veruschka – Inszenierung (m)eines Körpers“ (Regie: Ex-Warhol-Mitarbeiter Paul Morrissey und der Fotograf Bernd Boehm) stammen von Lehndorff, die zu den spektakulären Bildern ihrer Fotoshootings und Kunstaktionen aus ihrem Leben und von ihrer Karriere erzählt. Und wer sie gern einmal in persona erleben möchte, sollte am 6. Dezember ins Arsenal-Kino pilgern, wo Vera von Lehndorff den Film persönlich vorstellt. (OmU, 6. 12., Arsenal)

In seinem wohl bekanntesten Film „Asche und Diamant“ (1958) zeigt Regisseur Andrzej Wajda die polnische Gesellschaft der direkten Nachkriegszeit am Scheideweg. In seiner Verfilmung des 1948 erschienen Romans von Jerzy Andrzejewski kämpfen nationalistische Partisanen gegen KP-Funktionäre: unversöhnlich scheinen sie und haben doch ganz ähnliche Lebenshintergründe und Erfahrungen aus der Widerstandszeit gegen die deutsche Besatzung. Und so stellt die Hauptfigur, der Attentäter Maciek (Zbigniew Cybulski), den Sinn seines Kampfes denn auch zunehmend in Frage, er wünscht sich ein ziviles Leben. Doch in Wajdas beklemmender Inszenierung werden die Figuren zu Gefangenen der Umstände. Der viel zu früh verstorbene Cybulski galt als „der polnische James Dean“, und wenn man ihn hier mit gebeugtem Kopf zwischen hochgezogenen Schultern, die Hände in den Hosentaschen die Straße entlanglaufen sieht, weiß man auch, warum. Das Arsenal zeigt im Dezember eine umfassende Retrospektive der Filme von Andrzej Wajda. (OmenglU, 5. 12., Arsenal; 7. 12., Hackesche Höfe)

Karl Valentin war der bedeutendste deutsche Komiker – und alles andere als harmlos: Mit unglaublicher Umständlichkeit, verquerer Logik und einer vermeintlichen Rationalität, die das gesprochene oder geschriebene Wort stets buchstäblich ernst nimmt, rückte er der kleinbürgerlichen Existenz, dem Streben nach Ordnung und Reibungslosigkeit, bitterböse zu Leibe. Das ist auch in dem Filmsketch „Orchesterprobe“ (R: Carl Lamac, 1933) nicht anders, in dem Valentin den von Liesl Karlstadt gespielten Kapellmeister nach und nach jeglicher Autorität entkleidet. Im Dritten Reich hatte eine derartige Komik aus naheliegenden Gründen natürlich keine Zukunft. („Orchesterprobe“, „Im Schallplattenladen“, „Musik zu zweien“ 4. 12., Arsenal) LARS PENNING