„Isch plaudere nischt“

Herr Beckmann fragte Banales, Frau Ypsilanti packt es an: Dampfgeplauder im ARD-Talk, mal hessisch, mal ernst

Okay, einmal nannte Andrea Ypsilanti ihren Gastgeber „Herr Beck“. Dabei heißt er doch Beckmann. Und hat gar keinen Bart. Nur seine Fragen haben manchmal einen. Da fühlen sich die Älteren sofort an einen ansonsten unspektakulären Auftritt Edmund Stoibers erinnert, während dessen er die Gastgeberin Frau Merkel nannte, obwohl sie Christiansen oder so hieß. Lustig, aber tiefere Bedeutung hat das nicht. Ansonsten hat die hessische SPD-Vorsitzende und Ministerpräsidentinnenkandidatin am Montagabend in der ARD-Unterhaltungssendung „Beckmann“ einen soliden Auftritt hinter sich gebracht. Und zwar ohne dass neben ihr ein Einflüsterer die Worte mitgemurmelt hätte, wie es Skeptiker im Wahlkampf beobachtet haben wollen.

Kein Einfall mehr zur FDP

Auf der nachrichtlichen Ebene gibt es nichts Neues zu berichten. Ypsilanti hält den CDU-Ministerpräsidenten Koch und dessen Programm für abgewählt und sieht sich in der Pflicht, eine Regierung zu bilden. Sie habe eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei vor der Wahl „in vollem Bewusstsein ausgeschlossen“, sie habe sich allerdings „nicht vorstellen können, dass sich Guido Westerwelle so hartnäckig verweigert“. Zur FPD falle ihr mittlerweile „nicht mehr viel ein“.

Beckmann hakte bei der inner- und außerparteilichen Streitfrage Nummer eins, einer Zusammenarbeit mit den Linken, die üblichen Stichworte ab („Wortbruch“, „Glaubwürdigkeit“, „Verantwortung“). Ypsilanti gab die üblichen Antworten und erklärte ihren „inneren Prozess“: Sie wäge die unterschiedlichen Versprechungen eines Wahlkampfes (Inhalte, keine Koalition mit links, keine Koalition mit CDU) ab, in dem sie schließlich „die Glaubwürdigkeit von Politik verkörpert“ habe.

Kritiker des Linksschwenks wie der Hamburger Naumann und ihr Stellvertreter Walter dürften selbstverständlich ihre Bedenken äußern, der Parteivorsitzende Beck habe indes „Größe bewiesen“, als er gesagt habe, dass wir alle Menschen seien und Fehler machten. Auf die Frage nach der Erkrankung Becks sagte Ypsilanti, sie fände es „wichtig, dass Führungspersonen auch mal krank sein dürfen“. Die Zweifel an dieser Krankheit seien völlig unberechtigt. Im Gegenteil: „Kurt Beck ist krank, sehr krank, er kann kaum sprechen.“ Sie geht davon aus, dass der Parteivorsitzende „einen Virus hat“.

Es gibt ja mittlerweile richtige Fans von Ypsilantis hessischem Dialekt. Auch die wurden bestens bedient. Schönster Satz war sicher: „Isch plaudere nischt aus dem Nähkästschen.“ Könnte ein YouTube-Hit werden.

Und wenn es nicht klappt?

Wem das jetzt alles ein bisschen zu banal klingt, der sollte bedenken: Ypsilanti musste schließlich Beckmanns Fragen beantworten. Das tat sie professionell und souverän. Obwohl Beckmann beharrlich versuchte, ihr Angst einzujagen, für den Fall, dass sie am 5. April zur Ministerpräsidentinnenwahl antritt. „Was“, murmelte er, „wenn es nicht klappt?“ Andrea Ypsilanti sagte: „Man sollte nicht, nur weil man risikoscheu ist, alle Chancen verspielen.“

Nach dieser Sendung hatte man schon das Gefühl: Sie packt es an – was sie am nächsten Tag auch öffentlich erklärte.

PETER UNFRIED