Ein langer Abschied

Radio-Bremen-Intendant Heinz Glässgen geht – erst im Sommer. Der kleinste ARD-Sender will Veränderung

„Ich verabschiede mich nach neun Jahren und drei Monaten als Intendant von Radio Bremen“, schrieb Heinz Glässgen seinen Mitarbeitern zum Jahreswechsel – und fügte an: „Ich werde, wenn eine entsprechende Vereinbarung zustande kommt, im Januar für ein paar Monate als mein eigener Vertreter zurückkommen und mit Ihrer Hilfe versuchen, die Übergangszeit so konstruktiv und so erfolgreich wie möglich zu gestalten.“

Eigentlich wäre der Vertrag des 65-Jährigen erst im September 2009 abgelaufen. Aber Glässgen wollte viel mehr – oder nicht mehr. Mit kräftiger Unterstützung des CDU-Politikers Bernd Neumann hatte er versucht, eine reguläre Vertragsverlängerung auszuhandeln. Am 30. September schrieb er in einem vertraulichen Brief an die Rundfunkratsvorsitzende, wie wichtig es sei, dass Radio Bremen insbesondere in den nächsten Monaten eine starke, erfahrene Führung hat, um dann „mit der Bitte um Kenntnisnahme und Verständnis“ seinen „Entschluss“ mitzuteilen, im Dezember zurückzutreten. Der in der widersprüchlichen Botschaft versteckte Hilferuf kam nicht an, der Gesprächsfaden mit der in Bremen regierenden rot-grünen Koalition war längst gerissen.

Schon im Vorfeld der Bürgerschaftswahlen 2007 hatte Glässgen an einem „Bündnis für Bremen“ geschmiedet – das wurde als Versuch gewertet, die sich abzeichnende rot-grüne Koalition zu verhindern. Selbst sein weihnachtlicher Brief enthält nur Sticheleien gegen die Politik.

Knochentrocken hat der Rundfunkrat darauf reagiert. Kein Wort des Dankes, keine Bitte weiterzumachen. Stattdessen ein deutlicher Hinweis auf den zentralen Konflikt: Während Glässgen die kleinste deutsche Rundfunkanstalt auf weitere „Kompromisse“ einstimmt und den Senat dafür verantwortlich macht, fordert der Rundfunkrat von Glässgen, die anstehenden Verhandlungen um den Finanzausgleich mit dem Ziel einer „aufgabengerechten und identitätswahrenden Finanzierung von Radio Bremen“ zu führen.

Aus Spargründen ist der Anteil, den Radio Bremen für die ARD produziert, immer weiter abgesenkt worden. Hörfunkprogramme werden in Kooperation mit NDR oder WDR finanziert, der gute Ruf ist geschwunden. Und die neue Struktur hat keineswegs die Finanzprobleme gelöst. So warten auf Glässgens Nachfolger zwei große Aufgaben: Er muss die zerrüttete Führungsstruktur neu gestalten und aus den Verhandlungen mit der ARD Finanzerfolge mit nach Bremen bringen. KLAUS WOLSCHNER