Baustelle Leben

Lars Beckers „Die Weisheit der Wolken“ (20.15 Uhr, ARD) startet gut, doch dann bezieht sich’s: Der Film wird grau

Fernsehen wird bekanntermaßen immer mehr zum Nebenbei-Medium: Neben Bügeln oder Sich-Unterhalten wächst laut jüngsten Studien auch die Zahl derer, die, nun ja, während sie fernsehen – lesen. Geht doch nicht, werden Sie sagen. Geht sehr wohl: Irgendwann ertappt man sich selbst bei der „Weisheit der Wolken“ mit einem Buch in der Hand.

Denn der Film geht zwar fulminant und mit großem Aufgebot an bekannten Gesichtern (Axel Prahl, Ulrike Krumbiegel, Sylvester Groth, Manfred Zapatka) an den Start. Marie (Ina Weisse), eine gefeierte Fast-Professorin, an deren Lippen die StudentInnen mit schon fast gläubiger Inbrunst hängen, setzt sich im Leben durch. Natürlich auch gegen den konservativen Knochen von Vater, der unpraktischerweise auch noch Dekan an derselben Uni ist. Damit gar kein Verdacht auf Schiebung aufkommt, muss Marie also doppelt so hart ran. Doch dann taucht plötzlich Tom auf, der so gar nicht ins geowissenschaftliche Seminar passt, sich dafür aber umso wirkungsvoller an Marie ranschmeißt.

Doch ach, Tom (Tobias Schenke) ist der Sohn, den Marie mit 15 gebar und zur Adoption freigibt. Und der nun wieder in ihr Leben tritt, weil sein Ziehvater (Axel Prahl) ein Loser ist. Und so stolpert der Film, in dem das Leben wieder mal eine große Baustelle ist, vom Showdown am Strand von St. Peter-Ording bis zum Ende ohne rechten Esprit hin: Zu offensichtlich ist gleich, dass der karrierebewusste Vaterdekan nebst zugehörig-mausiger Gattin einst zur Adoption drängte. Um zu zeigen, dass aber auch hier noch Hoffnung ist, wird mit dem wiedergewonnenen Enkel irgendwann Kraftwerk gehört, und am Ende, erraten, kommen auch wieder Wolken ins Bild.

Doch da war der Blick des Rezensenten schon wieder ins Buch vertieft: „Liebesdienste“ von Kate Atkinson, für 8,95 Euro bei Knaur. STG