Die Unis kriegen eine ARD

In Leipzig legen Deutschlands Hochschulsender den Grundstein für ein gemeinsames Fernsehprogramm

Deutschlands Hochschulen wollen raus in die Öffentlichkeit. Sie wollen gemeinsam Fernsehen machen, das auch außerhalb der TV-Seminare und Unisender gesehen wird. Auf dieses Ziel haben sich rund 20 Unis und Fachhochschulen auf einer Konferenz in Leipzig geeinigt – vorerst unverbindlich. Am Ende könnten ein eigener Sender im Internet und vielleicht auch ein Programmfenster im Fernsehen stehen. Um das zu schaffen, will der Vater des Projekts, der Leipziger Professor Rüdiger Steinmetz, die bestehenden Hochschul-TV-Stationen zu einer schlagkräftigen „Uni-ARD“ zusammenschließen: Relativ autonome Sender verbinden sich, um ein überregionales Programm zu machen, betreiben ihre eigenen Kanäle aber weiter.

Möglich wird das Projekt durch das Internet: Eine eigene Videodatenbank ist so technisch kein Problem mehr. Und durch IP-TV, also das Übertragen von Fernsehprogrammen im digitalen Internetstandard, wäre auch ein Sendeplatz zu bekommen.

Der Zeitplan dafür ist straff: Bis Mai soll eine gemeinsame Pilot-Website stehen, auf der jede Hochschule Beiträge einstellen und bewerten lassen kann. Geht es nach Steinmetz, soll so bis Ende 2010 ein loser Senderverbund entstehen, der auch einen gemeinsamen Kanal bespielt. Eine zentrale Redaktion soll dazu Beiträge aus den Hochschulen auswählen und später auch Aufträge vergeben.

Wo das Geld dafür herkommen wird, ist noch offen. Der Plan sieht zwar vor, dass jede Hochschule ihre eigene Redaktion versorgt, aber nicht, wer für die Zentralredaktion bezahlt. Steinmetz hofft auf eine Anschubfinanzierung aus der Wirtschaft und eigene Einnahmen durch Programmverkäufe. Bis dahin dürfte Tellux, eine Produktionsfirma, die mehrheitlich der katholischen Kirche gehört, in die Bresche springen: Sie hatte schon die erste Studie zur Uni-ARD finanziert und will auch die Pilotplattform unterstützen.

Das Interesse an dem Projekt sei vor allem sozial, sagt Tellux-Geschäftsführer Martin Choroba. Es gehe um bessere Medieninhalte und eine humanistische Wissensvermittlung. Allerdings will Choroba auch nicht unbegrenzt Geld in das Projekt stecken: „Man wird sich darum kümmern müssen, das Ganze nicht auf Dauer zum Subventionsbetrieb zu machen“, sagte er. Dafür will er professionell arbeiten: „Das wird sicher nicht nur eine Spielwiese für Studenten sein. Da wird auch eine ganze Reihe von Profis nötig sein.“

Man wird sehen, ob sich dieser Anspruch umsetzen lässt. Wie unterschiedlich die Voraussetzungen und Befindlichkeiten sind, zeigte die Leipziger Konferenz: Auch nach zwei Tagen blieben grundsätzliche Fragen offen. Ist das Ziel ein eigener Web-TV-Kanal oder doch ein regelmäßiges Programmfenster in einem öffentlich-rechtlichen Sender? Und wie viel Macht soll die Zentralredaktion bekommen?

Im Mai wollen sich alle Beteiligten wieder treffen. Dann sollen die Planungen weitergehen und die Pilotseite vorgestellt werden. Der Bildungskanal BR-alpha hat bereits eine Kooperation angedeutet, der österreichische ORF verfolgt das Projekt aufmerksam. Wenn alles glattläuft, will Steinmetz Ende des Jahres Fakten schaffen. Fortsetzung folgt, wahrscheinlich.

STEPHAN RADOMSKY