Routine statt Rosenkrieg

Wenn der Partner fremdgeht, gibt es viele adäquate Handlungsmöglichkeiten. Die Reaktion von Hannah (Katrin Sass) erscheint auf den ersten Blick eher unangemessen. Denn sie freundet sich doch glatt mit der Konkurrentin an und gibt ihr Ratschläge, wie ihr bejahrter Liebhaber Paul (Edgar Selge) zu bekochen und zu unterhalten ist. Kein Selbstwertgefühl, oder was?

Ein ungewöhnliches Ehebruchsdrama ist „Die Freundin der Tochter“ (Buch: Marie Funder, Regie: Josh Broecker): Wo der Rosenkrieg toben müsste, herrscht frühvergreiste Routine. Der Betrüger stöhnt über zu viel Arbeit, die Betrogene schmiert ihm Brote. Sass spielt die verletzte Seele mit sicherem Gespür für Ambivalenzen. Als Paul nach einem Abendessen von der Geliebten heimkehrt – sichtlich betrübt, weil er sexuell versagt hat –, fährt sie als Überraschung gleich noch ein Dinner auf: Will sie ihn trösten oder, dass er am Fressen erstickt?

Auf jeden Fall scheint sie es zu genießen, die Fäden in der Hand zu haben. So weiß man in dem zärtlich-sarkastischen Beziehungsstück irgendwann nicht mehr genau, wer eigentlich agiert und wer reagiert – ohne allerdings, dass dies zum moralischen Tohuwabohu führte. Selge spielt seinen Ehebrecher zwar als mitleiderregend überforderten Mittfünfziger, doch auch ein Arschloch zum Streicheln bleibt eben: ein Arschloch. CBU

„Die Freundin der Tochter“, 21 Uhr, Arte