DJS-Geburtstag, Leistungsschutzrechte, Gartengemüse
: Sorry, Elite! – Da hilft nicht mal, dass auch Angie kommt

Ja, liebe taz-Medienredaktion, die alte Diplomatenregel, nach der die wahrsten Reden die ungehaltenen sind, scheint sich auch im Rahmen der Medien-Rekrutenausbildung zu bestätigen.

Zwar hat Angela Merkel auf der Feier zum 60-jährigen Bestehen der Deutschen Journalistenschule in München von der Krise der Branche gesprochen und zeigte sich auch über die bevorstehenden Veränderungen durchs Internet bestens informiert.

Noch näher an der Realität aber wäre sie gewesen, wenn sie nicht nur den Elitegedanken der Ausbildung aufgenommen, sondern ganz einfach gesagt hätte: Nützt auch nichts mehr.

Lang schon sind die Zeiten vorbei, in denen die Münchner Absolventen oder die der Hamburger Henri-Nannen-Schule so etwas wie eine Karrieregarantie in der Tasche hatten. Tatsächlich krepeln sie heute genauso zwischen Dumping-Honoraren und PR wie ihre Kollegen ohne Eliteattitüde. Auch wird ein „Elitestatus“ kaum vor den Folgen schützen, den die gerade beschlossene Kündigung des Manteltarifvertrags durch den Verband Deutscher Zeitschriftenverleger haben wird. Schlechtere Arbeitsbedingungen sind schlechtere Arbeitsbedingungen – sorry, Elite.

Aktuell fordert der Verleger Hubert Burda unter dem Titel „Wir werden schleichend enteignet“ (FAZ vom 29. Juni) eine Beteiligung der Verlage an der Verwertung von Inhalten im Online-Bereich. „Wer die Leistung anderer kommerziell nutzt“, so der Unternehmer wörtlich, „muss dafür bezahlen.“ Schade nur, dass die Verleger diese Haltung nicht den Urhebern der Inhalte, den Autoren gegenüber vertreten und mittels der Total-Buy-out-Verträge alle Werke für immer unentgeltlich nutzen und verschachern wollen. Das belegen die aktuellen Burda-Verträge – ebenso wie die des Jahreszeiten-Verlags (Jahrlag).

Im Hamburger Hauptquartier wurde eigens eine Stelle gegen Fairplay eingerichtet. Michael Silvio Kusche heißt die Allzweckwaffe, der sich „strategischen Fragen“ um „neue Erlösmodelle“ und „Mehrwertdienste“ stellen soll – sprich: die Werke von Autoren und Fotografen ausschlachten, ohne dass diese einen Cent von den Erlösen sehen. Entsprechende Rahmenverträge für die Autoren sind in Vorbereitung, die Verweigerung der aufständischen Fotografen, einen entsprechenden Vertrag zu unterzeichnen, kommt als Bumerang zum Jahrlag zurück: Hefte wie Merian und Feinschmecker haben immense Schwierigkeiten, aktuelle Produktionen fotografieren zu lassen. Der Artdirektor vom Feinschmecker, so höre ich aus gut unterrichteten Kreisen, fotografiere in seiner Laube das aktuelle Gemüse jetzt selbst.

Das Gebot der Stunde ist also die gute alte Solidarität. Jenseits des Elitedenkens. Denn dass Elite allein nicht genügt, zeigt das Beispiel der Henri-Nannen-Schülerin Ildiko von Kürthy. Händeringend suchen Filmproduktionsfirmen nach Autoren, die die Romane der Bestsellerin umschreiben und sie mit etwas füllen, das sich verfilmen ließe. In ihrer Gier nach den Rechten an den Stoffen, hat man vergessen, auf den Inhalt zu gucken und nicht gesehen, dass dieser der Edelfeder völlig abhanden gekommen ist.

Und damit gebe ich zurück nach Berlin.