Ungewöhnlicher Ausflug ärgert die Militärs

PHILIPPINEN Journalistenvereinigung organisiert Exkursion der Hauptstadtmedien ins Krisengebiet

Es war eine ungewöhnliche Aktion, mit der am Freitag philippinische Journalisten und Medienorganisationen ihre Kollegen auf das Schicksal der Menschen aufmerksam gemacht haben, die zwischen die Räder des Konflikts zwischen muslimischen Rebellen und der philippinischen Armee im Süden des Landes aufmerksam gemacht haben: Sie luden 60 Journalisten aus der Hauptstadt Manila sowie der südlichen Insel Mindanao ein, um in Zentral-Mindanao mit Flüchtlingen sowie Vertretern der Konfliktparteien und Behörden zu sprechen.

Nach Meinung der Organisatoren ist das Schicksal der laut Regierung dort zurzeit noch 360.000 Flüchtlinge nicht transparent. Journalisten bekommen keinen Zugang, da sind die Restriktionen des Militärs vor. Und so können keine unabhängigen Medien über Menschenrechtsverletzungen, die Blockadehaltung gegenüber Hilfsorganisationen sowie die mangelnde Versorgung schreiben – beziehungsweise die tatsächliche Lage wenigstens überprüfen.

„Das ist nur möglich, wenn eine große Zahl von Journalisten ihre Rechte durchsetzt und verhindert, dass die Armee unsere Arbeit weiter blockiert“, sagte der Journalist Romy Elusfan, einer der Organisatoren des ungewöhnlichen Betriebsausflugs, zur taz.

Eines Ausflugs, der prompt ziemlich drakonisch begann: Die Armee hielt die Journalistengruppe gleich am ersten Tag fest, angeblich um die von ihnen geplante Fahrstrecke sichern zu können. Zwei Tage zuvor waren dort Bomben explodiert. Doch andere Fahrzeuge durften derweil die „ungesicherte“ Strecke unbehindert passieren. Ein Militärsprecher, der die Journalistenkampagne als rebellennah denunzierte, sagte später, muslimische Flüchtlinge würden von den Rebellen als Reserve gesehen. Außerdem würden die Flüchtlinge ihrerseits den Rebellen Hilfsgüter überlassen und diese so unterstützen. Regierungsvertreter in Manila distanzierten sich allerdings von diesen Äußerungen.

Im August 2008 waren langjährige Friedensverhandlungen zwischen der Regierung und der größten Rebellenorganisation Milf (Moro-Islamische Befreiungsfront) gescheitert. Das Oberste Gericht hatte ein Abkommen zwischen Regierung und Milf für verfassungswidrig erklärt. Bei neuen Kämpfen starben seitdem mindestens 300 Menschen; 600.000 wurden vertrieben, von denen die Hälfte immer noch auf der Flucht ist. Dutzende starben an Krankheiten und Mangelversorgung. Der Krieg im Süden der überwiegend christlichen Philippinen hat seit den 1970er-Jahren mehr als 120.000 Tote gefordert. Zuletzt starben am Sonntag bei einem Anschlag auf eine Kirche fünf Menschen. Für Journalisten sind die Philippinen mittlerweile das gefährlichste Land Südostasiens. Dieses Jahr wurden bereits vier Reporter ermordet. SVEN HANSEN