"Sex And The City" - Abklatsch: Longdrinks und Verdauungsficks

Ein Rückfall in den Protzfeminismus ist die Serie "Lipstick Jungle", einem zweiten, faden Aufguss von "Sex And The City". Selten kam Frauenpower so lahm daher.

Echte Krisen haben allenfalls die männlichen Anhängsel der Heldinnen. Bild: nbc

An diesem Wochenende wird der Emmy verliehen, der wichtigste amerikanische Fernsehpreis. Als Favorit gilt wie schon wie im Vorjahr die Retroserie "Mad Men", die von der New Yorker Werbebranche Anfang der sechziger Jahre erzählt.

Mal abgesehen davon, dass die Bürosaga tatsächlich das Beste ist, was derzeit im amerikanischen Fernsehen läuft, gibt es wohl auch nostalgische Gründe für den Erfolgskurs. Schließlich agieren die Werbe-Stenze an der Madison Avenue noch als omnipotente Macher: Bringen mäßige Produkte groß raus, qualmen die Büros mit ihren Luckys voll, kommandieren ihre Sekretärinnen zu Liebesdiensten ab.

Letzteres sah man im US-Fernsehen in den letzten Jahren ja kaum noch. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist inzwischen ja fast zur weiblichen Domäne geworden - zumindest wenn es nach der jetzt arg verspätet auf ProSieben startenden Alphamädchensoap "Lipstick Jungle" (ab Mittwoch, 16. September, 21.15 Uhr, ProSieben) geht.

Eine der drei Heldinnen, Chefredakteurin eines großen Lifestylemagazins, flattert bereits in einer der ersten Folgen die Klage eines abgelegten jungen Liebhabers auf den Tisch.

"Lipstick Jungle" ist eine von gleich zwei Serien, mit der die Erfolgsgeschichte von "Sex And The City" fortgeschrieben werden sollte. Carrie Bradshaw und ihre Freundinnen sind sozusagen ein paar Jährchen älter geworden, agieren dafür aber auch ein paar Etagen höher in New Yorks Medien-, Mode- und Immobilienschickeria.

Und während "Sex And The City"-Autorin Candace Bushnell die Überfliegerinnen für "Lipstick Jungle" erfand, produzierte sich ihr einstiger Koautor Darren Star eine eigene Quasifortsetzung: "Cashmere Mafia".

Im Grunde genommen geht es hier wie dort um Longdrinks, Kleidungsticks und Liebeskicks. Gearbeitet wird auch, aber nicht so viel. Das gilt besonders für die Frauen in "Lipstick Jungle", die Zeitungschefin Nico Reilly (Kim Raver), die Produzentin Wendy Healy (Brooke Shields) und die Modeschöpferin Victory Ford (Lindsay Price).

Die Wege zwischen Freundinnenlunch und Verdauungsfick legt man in der von einem Chauffeur gelenkten Limousine zurück; Terminprobleme gibt es höchstens, wenn ein Vorstellungsgespräch bei der begehrten Privatschule für die Kids arrangiert werden muss. Zwischendurch bleibt aber immer genug Zeit für ein Telefonat mit Leonardo DiCaprio, um den Superstar für ein topgeheimes Filmprojekt zu gewinnen.

Medienwirtschaftlich ist also in der Anfang 2008 gestarteten Serie alles paletti. Echte Krisen haben allenfalls die männlichen Anhängsel der Heldinnen, denn für die bleiben bei dieser geschlechtlich umgekrempelten Erfolgssaga nur undankbare Rollen übrig. Sie müssen den impotenten Intellektuellen, das Heimchen am Herd oder eben das Lustobjekt geben. Betten machen, Wein entkorken: Die Männer sind in der Serie allein dazu da, den privaten und sexuellen Haushalt der Chefinnen zu verwalten.

Ausgezahlt hat sich die Rückkehr in den Protzfeminismus und die Prösterchenmoderne der "Sex And The City"-Ära dennoch nicht. "Cashmere Mafia" wurde schon nach einer Staffel eingestellt, "Lipstick Jungle" wird in den USA auch nicht mehr laufen. Vielleicht wollen sich die Zuschauerinnen einfach nicht veräppeln lassen: Es ist ja zum Beispiel nicht einzusehen, weshalb die drei Selbstverwirklicherinnen in "Lipstick Jungle" die ausgefallensten Kleidungsfetische pflegen, sich bei ihren sexuellen Exkursionen aber mit Szenarien zufrieden geben, die allenfalls bei Brigitte-Woman-Leserinnen als verrucht durchgehen.

Da freut man sich doch richtig auf die neue Staffel von "Desperate Housewives", die am Mittwoch, 16. September, ebenfalls auf Pro Sieben startet (20.15 Uhr). Während die Tupperwareamazonen in dieser Endlosserie zuweilen den wahren Befreiungskrieg üben, bleiben die Glamour-Rollenmodelle in "Lipstick Jungle" durch und durch bieder: Unter den verwegenen Outfits schimmert immer noch das Hausmütterchen durch.

"Lipstick Jungle", 16.9.2009, 21.15 Uhr, ProSieben

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