Harald Keller Der Wochenendkrimi
: Systematiker und Soziopath

Zu Beginn bleibt es, während drei schwarze Silhouetten die Szene betreten, einen Moment lang still. Solche Tonlücken kennt man gar nicht mehr und fürchtet technisches Versagen. Schon aber bemüht Armand, genannt Blackbird (Mickey Rourke), seine kratzigen Stimmbänder: „Wenn du reingehst, musst du vorbereitet sein.“ Vielleicht war es dieser Satz, der Krimiautor Elmore Leonard diese Geschichte eingab.

Leonard begann in der Westernsparte, das merkt man seinen Krimis an. Der Auftragskiller Blackbird ist uramerikanischer Abstammung, aber seinem Volk entfremdet. Einen letzten großen Auftrag will er noch erledigen und dann die Rückkehr ins Stammesgebiet versuchen. Doch dort erntet er nur höflich hingelächelte Zurückweisung. Und auch seine Bezahlung bekommt er nicht, wird vielmehr selbst zum Gejagten.

So trifft Blackbird auf Richie (Joseph Gordon-Levitt), der ihn an seinen verstorbenen jüngeren Bruder erinnert, und lässt sich in einen von Richies unausgegorenen Coups hineinziehen. Der stoische Systematiker verbündet sich mit einem jähzornigen Soziopathen, um ein in Scheidung lebendes Paar aufzuspüren, das ihnen als Tatzeugen gefährlich werden könnte.

„Killshot – Gnadenlose Jagd“ trägt ebenso die Handschrift Elmore Leonards wie die des Drehbuchautors Hossein Amini, der 2011 mit „Drive“ einen ähnlich fatalistisch-lakonischen Thriller ablieferte. Regisseur John Madden, derzeit mit „Best Exotic Marigold Hotel“ in den Kinos, und Kameramann Caleb Deschanel schufen, wohl mit Edward Hopper vor dem inneren Auge, detailgenaue, realistische und kunstvoll durchkomponierte Bilder, die den präzisen Milieubeschreibungen Leonards entsprechen. Und Mickey Rourke sieht aus, als hätte er seine im Boxring verwüsteten Gesichtszüge ganz allein für diesen Film herrichten lassen und dem plastischen Chirurgen vorher das Drehbuch gegeben.

„Killshot – Gnadenlose Jagd“; Samstag, 23.35 Uhr, ARD