Rosen, Küsse, güldene Worte

ABSCHIED Wieland Backes will in seiner letzten „Nachtcafé“-Ausgabe alle glücklich machen (22 Uhr, SWR)

„Ich habe ein Problem, ich habe kein Happy End“

MECHTHILD GROSSMANN

VON PETER UNFRIED

Am Ende des Lebens steht der Tod, weshalb sich der Regisseur Dieter Wedel schwer damit tut, über ein „Happy End“ nachzudenken. Für sich bevorzuge er einen Tod wie Bernd Eichinger, der beim Essen mit seiner Familie umfiel, brummelt Wedel. In seiner 706. und letzten Ausgabe der SWR-Talkshow „Nachtcafé‘“ hat sich Wieland Backes ein vordergründig harmloses Thema gewählt. Was ist ein Happy End? Es wird schnell klar, dass die Frage dringend einer philosophischen Vertiefung bedarf.

Backes, 68, ist Gründer und Moderator des „Nachtcafés“, der am längsten laufenden Talkshow im deutschen Fernsehen. Derselbe Mann, derselbe Ort, dieselben Ledersessel seit 1987, das nennt man nachhaltig. Ihm war ein stilvolles Ende wichtig, er hat auf den großen und selbstbestimmten Abschied hingearbeitet. Nun bekommt er am heutigen Freitag von seinem SWR einen ganzen Backes-Abend, eingeleitet um 21 Uhr von einer 45-minütigen Dokumentation („Wieland Backes – Meister des Talks“). Dazu „Nachtcafé-Classics“ (0.15 Uhr), eine Folge seiner ARD-Sendung „Auf der Couch“ mit Iris Berben und eine „Abendschau Liebesnacht“ von 1983. Am 9. Januar übernimmt der frühere ZDF-Sportstudio-Moderator Michael Steinbrecher die Sendung, die dann aus Baden-Baden kommt.

Er wolle nicht fortgejagt werden, hatte Backes der taz gesagt, sondern der Schluss müsse „ein Happy End“ sein. Entsprechend sieht das bei der Aufzeichnung im Ludwigsburger Schloss Favorite aus. Rosen, Küsse, güldene Worte und danach ein offenbar sehr zufriedener Backes.

Zum Abschied ist „Baden-Württembergs größter Sohn“ gekommen. Wenn es nach Harald Schmidt geht, ist das er selbst. Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist aber auch da. Der Rest liegt im Auge des Betrachters. „Ich bin nicht so schlagfertig wie Schmidt“, sagt Kretschmann. „Das ist das, was mir fehlt.“ – „Deshalb sind Sie ja auch noch im Geschäft“, antwortet Schmidt. Er behauptet, seine Entlassung als Late-Nite-Entertainer wegen Zuschauerlosigkeit sei ein permanentes Happy End für ihn. Er „ratze nun einfach mal im Sessel weg“.

Die Schauspielerin Mechthild Großmann ruft plötzlich: „Ich habe ein Problem, ich habe kein Happy End.“ Backes will von ihr hören, dass ihre Rolle als Staatsanwältin im Münster-„Tatort“ der ARD das Happy End einer langen Berufslaufbahn sei, aber diese Sichtweise lehnt sie ab. Ihre alte Kollegin Ute Lemper ist rechtschaffen empört. Sie kenne Großmann als „Star bei Pina Bausch“ im Wuppertaler Tanztheater, den „Tatort“ habe sie noch nie gesehen.

Knarzt Großmann: „Ist auch besser so.“ Happy End sei ja wohl eher ein flüchtiger Moment, außer bei Schmidt.

Dieses durchaus amüsante Gerede ist der Kern einer normalen Fernsehunterhaltung. Doch bei Backes geht es um „Kontexte öffentlichen Interesses“ und um „Wahrheitssuche“, wie die Kritikerin Barbara Sichtermann schrieb. Doch weil auch der intellektuelle Ministerpräsident die geistige Vertiefung nur zurückhaltend vorantreibt und gelegentlich einen Max Weber einwirft, müssen es wieder einmal die nicht prominenten Gäste richten.

Die Zwillinge, die bei der Geburt getrennt wurden, sich nach 20 Jahren fanden, und die Frau, die nach einem überstandenen Gehirntumor ihr Leben ändert. Genauer: ihr Schicksal selbstbestimmt in die Hand nimmt und aktiv und bewusst zu leben beginnt. Sie hat verstanden, dass genau das das einzig erstrebenswerte Happy End ist.