Kuhhandel im Alten Land

Senat und Obstbauern verhandeln über Flächenausgleich für Ortsumgehung Finkenwerder und Autobahn 26. Umweltverbände befürchten, das könnte zu Lasten des Moorgürtels gehen

von GERNOT KNÖDLER

Am Ende könnte der Wachtelkönig den Kürzeren ziehen: Die Neuordnung des Alten Landes, wie sie gegenwärtig zwischen den dortigen Obstbauern und dem Hamburger Senat ausgehandelt wird, drohe zu Lasten des europäischen Naturschutzgebietes „Moorgürtel“ zu gehen, warnen die Umweltverbände NABU und BUND. Zudem änderten die Verhandlungen nichts an den Planungsfehlern bei der Ortsumgehung Finkenwerder, wie sie das Oberverwaltungsgericht (OVG) im Frühjahr festgestellt hatte.

Mehr als 35.000 Autos fahren täglich durch Finkenwerder. Die Umgehung soll den Ort um 8.500 Fahrzeuge entlasten. Kritiker wie die Umweltverbände halten die geplante Straße für schädlich und unnötig. Denn zusätzlich wird eine Autobahn durch das Alte Land geplant: die A 26. Auch ist der Verlauf der Umfahrung umstritten. Der Senat plante sie südlich der Alten Süderelbe, obwohl Gutachten eine Trassenführung nördlich des Flusses nahe legten. Das OVG sah das genauso. Es gewährte im Frühjahr einer Reihe von Obstbauern vorläufigen Rechtsschutz, die gegen die Enteignung ihrer Grundstücke zu Gunsten der Ortsumgehung geklagt hatten.

Der Senat prüft jetzt erneut die verschiedenen Planungsvarianten. „Wir sind aufgefordert, nochmal eine saubere Abwägung zu machen“, sagt der Staatsrat der Stadtentwicklungsbehörde, Alexander Gedaschko. Dabei könne auch eine Trasse nördlich der Alten Süderelbe herauskommen. Parallel wird mit den Bauern über einen Interessenausgleich verhandelt. Wenn sie die Grundstücke abgeben, die für den Bau der Ortsumgehung und der A 26 benötigt werden, sollen sie Gedaschko zufolge großzügig mit neuen Grundstücken entschädigt werden. Das Grabensystem solle so umgebaut werden, dass die Bauern beim Wirtschaften nicht durch die Autobahn behindert werden.

Außerdem wolle ihnen der Senat beim „Feintuning“ der Trasse entgegen kommen: Die Autobahn soll so nah, wie es rechtlich geht, an das Naturschutzgebiet Moorgürtel herangelegt werden, um die Obstgärten möglichst wenig zu zerschneiden. Ziel sei „die Sicherung des Obstbaus in der Region“, sagt Gedaschko.

Hier werde ein Paket auf Kosten Dritter geschnürt, befürchten die Umweltverbände. „Die Lage der A 26 insbesondere zum angrenzenden Naturschutzgebiet Moorgürtel ist in einem eigenständigen und ergebnisoffenen Planverfahren und nicht im Hinterzimmer abzuarbeiten“, kritisiert Manfred Braasch vom BUND. Es habe ein Treffen aller Betroffenen gegeben, bei dem auch die Umweltverbände über die Pläne informiert worden seien, kontert Gedaschko.

„Was wir nicht machen können, ist zu Lasten des Naturschutzgebietes Abmachungen zu treffen“, sagt Ulrich Harms, der Vertreter der Obstbauern. Der Verlauf der A 26 müsse nach fachlichen Kriterien entschieden werden, wobei aber der Schaden für den Obstbau möglichst gering gehalten werden sollte.

Wenn sich die Landwirte schon auf die neuen Straßen einließen, dann müsse die Zukunft des Obstbaus gut abgesichert werden. Das bedeute, so Harms, „eine Reprivatisierung aller Flächen, die staatlich sind“. Das Eigentum soll den Bauern eine starke Rechtsposition geben, falls der Senat in Zukunft weitere Baugebiete und Straßen plant.