Rot und schwarz sind sich grün

Mit warmen Worten betonen CDU und SPD nach dem Sondierungsgespräch ihre Gemeinsamkeiten. Die Große Koalition sei „allemal eine Option“. Heute darf die GAL Schnittmengen mit der CDU suchen

Am heutigen Mittwoch werden ab 11 Uhr CDU und GAL im Grand-Elysée-Hotel ihre Gemeinsamkeiten und mögliche Kompromisslinien sondieren, bevor der CDU-Landesvorstand am Donnerstagabend festlegt, mit wem die Partei Koalitionsverhandlungen aufnehmen soll. Fast zeitgleich – zwischen 19 und 22 Uhr – wird die GAL auf einer Mitgliederversammlung in den Räumen der Handwerkskammer über die Ergebnisse der Sondierung beraten und gegebenenfalls über die Aufnahme von Koalitionsgesprächen sowie eine Verhandlungskommission befinden. Die SPD hat für den Fall, dass sie von der CDU als Juniorpartner erwählt wird, keinen Landesparteitag anberaumt– hier entscheidet die Partei- und Fraktionsspitze allein. Mit einer Aufnahme der Verhandlungen, für die etwa vier Wochen veranschlagt werden können, ist aufgrund der Ferienzeit erst nach den Ostertagen zu rechnen. Anschließend muss die Parteibasis der beiden beteiligten Partner den Koalitionsvertrag noch abnicken. Der neue alte Bürgermeister wird deshalb wahrscheinlich erst am 7. Mai von der Mehrheit der Bürgerschaft gewählt werden und anschließend seine neuen SenatorInnen vereidigen.  MAC

VON MARCO CARINI

Der Koalitionspoker ist eröffnet und CDU wie SPD lassen sich nicht in die Karten gucken. Nach ihrem Sondierungsgespräch im Elysée-Hotel deckten sich gestern die Vertreter der beiden großen Volksparteien mit warmen Worten ein, die inhaltlich aber nur heiße Luft transportierten.

„Keine Verletzungen aus dem Wahlkampf“ seien geblieben, betonte Bürgermeister Ole von Beust (CDU) und stellte fest, man habe in einem „konstruktiven, an den Interessen der Stadt ausgerichteten Gespräch viele programmatische Ähnlichkeiten“ vor allem in der Wirtschaftspolitik entdeckt. Über die Finanzierung „einiger Wünsche“ müsse man aber „noch weiter reden“.Auch Michael Naumann (SPD) legte Wert auf die Feststellung, es habe eine „kompromissbereite Gesprächsatmosphäre“ gegeben.

Eine Große Koalition müsse als Regierungsmodell „zwar die Ausnahme bleiben“, sei für Hamburg aber „allemal eine Option“, ergänzte CDU-Parteichef Michael Freytag, der darauf beharrte, dass „über Personalfragen nicht gesprochen“ worden sei. „Wir sehen der weiteren Entwicklung mit Gelassenheit und Spannung entgegen“, ergänzte der Hamburger SPD-Parteichef Ingo Egloff mit Blick auf die Sitzung des CDU-Landesvorstands am Donnerstag. Dann wollen die Christdemokraten darüber befinden, ob sie mit der SPD oder der GAL konkrete Koalitionsverhandlungen aufnehmen werden.

Zuvor wird es am heutigen Mittwoch noch ein Sondierungsgespräch zwischen CDU und GAL geben, auf der beide Seiten ebenfalls das Repertoire an Gemeinsamkeiten ausloten wollen.

Während sich CDU und SPD nach dem Sondierungsgespräch, das kürzer ausfiel als erwartet, wieder richtig lieb hatten, war es im Vorfeld der Sondierung zu erheblichen Nebengeräuschen gekommen. So ließ sich von Beust mit den Worten zitieren, „menschlich und persönlich“ könne er sich eine Koalition mit der SPD „nicht vorstellen“. Und das, obwohl es „inhaltlich mehr Übereinstimmung“ mit der SPD gäbe als mit den Grünen.

SPD-Verhandlungsführer Michael Naumann hatte auch deshalb gemutmaßt, bei dem Gespräch handele es sich nur um eine „Pro Forma-Veranstaltung“ und SPD-Fraktionschef Michael Neumann sagte im internen Kreis, dass ein schwarz-grünes Bündnis längst „beschlossene Sache“ sei, da sowohl die Bundesvorstände wie auch die Landespolitiker beider Parteien diese Zusammenarbeit wollten.

Naumann hatte die CDU zudem gereizt, indem er Bedingungen für eine schwarz-rote Übereinkunft formulierte: Eine Abschaffung der Kita- und der Studiengebühren sei für die SPD „nicht verhandelbar“. Ein Vorpreschen, durch das nicht nur CDU-Fraktionschef Bernd Reinert das rot-schwarze Schnuppergespräch von vornherein „belastet“ sah.

Doch die verbale Kraftmeierei war vergessen, als sich die Türen des Verhandlungsraums nach anderthalb Stunden öffneten. Wenn sich dieser Vorgang heute, diesmal mit schwarz-grünem Personal wiederholt, dürften erste Koalitions-Tendenzen ablesbar sein. Die GAL-Fraktionsvorsitzende Christa Goetsch betonte gestern, die Grünen gingen gut vorbereitet in das Treffen und seien „sehr gespannt“. Bereits am Donnerstagabend entscheidet die Grünen-Basis auf einer Mitgliederversammlung, ob die Ergebnisse der Sondierung für Koalitionsgespräche ausreichen.

Mit Blick auf Schwarz-Grün erklärte der Unions-Fraktionsvize im Bundestag Wolfgang Bosbach (CDU) gegenüber n-tv: „Das geschieht so ähnlich, wie die Igel sich vermehren: ganz schön vorsichtig und langsam.“ Beide Seiten hätten an der Basis erhöhten Erklärungsbedarf. „Ich bin da noch etwas skeptisch, aber es ist den Versuch wert.“