Der Kohlekraftkeks

Zweiter Tag der schwarz-grünen Koalitionsverhandlungen: Die Elbvertiefung und das Kohlekraftwerk Moorburg sind die heikelsten Themen. Detailfragen sollen bis Freitag nächster Woche geklärt werden

von SVEN-MICHAEL VEIT

Es werde „ein harter und langer Tag“ werden, darüber waren sich alle VertreterInnen von CDU und GAL einig, als sie gestern morgen im Hotel Grand Elysee an der Moorweide eintrafen. Hafen und Wirtschaft, Verkehr und Umwelt standen auf der Agenda am zweiten Tag der schwarz-grünen Koalitionsverhandlungen in Hamburg – Themen allesamt, bei denen die schwarz-grüne Schnittmenge seit Jahren nahe Null liegt. Vier Arbeitsgruppen wurden nach mehr als siebenstündigen Verhandlungen eingesetzt, teilte GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch am Abend mit.

Denn über die Vertiefung der Elbe, die Erweiterung des Hafens und den Bau des Kohlekraftwerks Moorburg, über die Einführung von City-Maut und Stadtbahn sowie den Bau der Hafenquerspange, das war beiden Delegationen klar, würde nicht so nebenbei Einigkeit zu erzielen sein. Obwohl aus CDU-Kreisen verlautete, die GAL dürfe sich so viele Radwege wünschen, wie sie nur wolle – wenn sie der Ausbaggerung der Elbe keine Steine in den Weg legen würde.

Bis Freitag nächster Woche sollen nun die Arbeitsgruppen „vernünftige Einigungsmöglichkeiten finden“, hofft Bürgermeister Ole von Beust (CDU). Über die „streitbefangenen Themen“ sei aber „in menschlich unkomplizierter Atmosphäre gesprochen worden“. Zumindest habe es, ergänzte Goetsch, „keine schweren Krisen gegeben“.

„Rückendeckung für die Grünen“ nannte unterdessen Manfred Braasch, Hamburger Chef des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die gemeinsam mit Greenpeace durchgeführte Protestaktion vor dem Tagungshotel gegen Moorburg. Auf Plakaten und mit Backwaren in Kraftwerksform warnten die beiden Umweltverbände vor dem „Klimakiller“. Der offensichtlich hungrige GAL-Parteivize Jens Kerstan verspeiste umgehend einen Moorburg-Keks – und legte auf Nachfragen von Journalisten Wert auf die Feststellung, er würde ihn „vernichten“, keinesfalls aber wie eine politische Kröte „schlucken“.

„Wir wollen ein Signal setzen, dass die Grünen bei diesen schwierigen Koalitionsverhandlungen standhaft bleiben“, sagte Braasch und überreichte Goetsch einen Karton mit Ausdrucken. 1.500 E-Mails von BürgerInnen nicht nur aus Hamburg, mit denen die Grünen an ihre definitive Ablehnung der „Dreckschleuder“ Moorburg erinnert werden sollen. „Die Positionen sind klar“, bestätigte Goetsch, die Aufgabe bestünde jetzt darin, für Umwelt und Wirtschaft „Vernünftiges und Verantwortbares“ zu erreichen.

Deutlich wurde gestern bereits, dass die Kompromisslinien filigraner sein müssen als ein Deal, bei dem die CDU Moorburg für die Elbvertiefung opfern würde. Das sei nicht denkbar, stellte CDU-Fraktionschef Frank Schira klar. Hingegen stünden verstärkte ökologische Ausgleichsmaßnahmen bei einem neuerlichen Ausbaggern der Elbe und die Unterstützung Hamburgs für ein nationales Hafenkonzept zur Debatte.

Bei Moorburg dürfte es aus Sicht der Grünen mit einer Verkleinerung des Projekts nicht getan sein. „Ein halbes Kohlekraftwerk“, ließ die Delegation vorab verlauten, sei „kein akzeptables Angebot“.

Kaum weniger Sprengstoff verheißt der nächste Termin am Mittwoch nach Ostern. Dann steht der Themenkomplex Innere Sicherheit, Ausländerbehörde und Justiz auf der Tagesordnung. Da bewege man sich, sagt ein grünes Delegationsmitglied, „auf vermintem Gelände“.