Falsches Spiel ums richtige Gymnasium

Der Zweck heiligt die Mittel: Um genügend Unterschriften gegen die Primarschule zusammenzubekommen, legt die Volksinitiative „Wir wollen lernen“ auch schon mal CDU-Bildungsfachleuten erfundene Positionen in den Mund

Marino Freistedt möchte es sich mit der Volksinitiative „Wir wollen lernen“ offensichtlich nicht verderben. Und so erklärt der schulpolitische Sprecher der CDU, er habe es „schmunzelnd zur Kenntnis“ genommen, dass die Initiative, die gegen das schwarz-grüne Primarschulkonzept zu Felde zieht, den von ihm geleiteten CDU-Fachausschuss Bildung mal eben vor den eigenen Karren gespannt hat.

Und dass die Initiative zu diesem Zweck aus ausschussinternen Vorlagen zitiere, die so gar nicht existierten? Nein, auch das würde der Bildungsfachmann, der gerade als Beisitzer in den CDU-Fraktionsvorstand gewählt wurde, am liebsten unkommentiert lassen. Er stellt nur klar: Jene der Initiative „ist nicht unsere Position“.

Der Stein des Anstoßes: Eine aktuelle Pressemitteilung der Volksinitiative unter der Überschrift „Primarschule: Was Lehrer wissen sollten – CDU-Bildungsausschuss distanziert sich“. Um diese Behauptung zu untermauern, zitieren die Primarschulgegner aus einer angeblich am 19. Mai entstandenen Vorlage des Bildungsausschusses an den CDU-Landesvorstand. Darin unterstreiche das Gremium, dass „die CDU das zweigliedrige Schulsystem ab Klasse 5 weiterhin klar bevorzugt“.

Das nichtöffentliche Papier gebe es in der Tat, sagt Freistedt, und es sei auch am vergangenen Montag vom Landesvorstand andiskutiert worden. Einziger Schönheitsfehler: „Die von der Initiative zitierten Passagen stehen da nicht drin und auch die Behauptung, der Ausschuss distanziere sich von den Primarschul-Plänen ist falsch“, sagt Freistedt. „Wir unterstützen die Einrichtung der Primarschulen und wollen mit unserer Arbeit konstruktiv dazu beitragen, das offene Fragen geklärt und die mit der Einführung verbundenen Probleme befriedigend gelöst werden.“

Die Behauptungen der Volksinitiative sind also schlicht eine Ente. Walter Scheuerl, einer ihrer Sprecher und Mitverfasser der Falschmeldung, behauptet hingegen, die zitierten Ausschuss-Positionen stünden in einer aktuellen Fassung des Papiers, die der Ini von einem Mitglied des CDU-Gremiums zugespielt worden sei. Sein Versuch einer Erklärung: Möglicherweise sei das Papier eben noch einmal geändert worden. Und ob die CDU-Fachpolitiker die Einführung der Primarschule nun konstruktiv begleiten oder sich – wie von der Volksinitiative behauptet – davon distanzieren, das ist für Scheuerl „Interpretationssache“.MARCO CARINI