Illegales Videomaterial als Zeuge der Anklage

Zwei Aktivisten des Netzwerks für den Erhalt des Schanzenparks müssen sich vor Gericht wegen Beihilfe zur Sachbeschädigung und schwerer Nötigung verantworten. Verteidiger halten Anklage-Konstrukt für fragwürdig

Wegen Sachbeschädigungen bei zwei Firmen, die am Bau des Mövenpick-Hotels im Wasserturm beteiligt waren, müssen sich die AktivistInnen des Netzwerks für den Erhalt des Schanzenparks, Thomas J.* und Renate C.*, ab Donnerstag vor dem Kadi verantworten. Der Vorwurf: „Beihilfe zur Sachbeschädigung“ sowie „versuchte Nötigung in einem besonders schweren Fall“.

Für ihre Verteidiger Andreas Beuth und Marc Meyer ein fragwürdiges Verfahren. Die Anklage stützt sich allein auf illegales Videomaterial. „Eine rechtswidrige Beweiserhebung – ohne diese Aufnahmen gebe es dieses Verfahren nicht“, sagt Beuth.

In der Nacht zum 26. Oktober 2005 besprühten Wasserturm-Gegner auf dem Hof der Kernbohrfirma Engel Fassade und Autos mit Farbe. Am 25. November wurde dann die Firma Lebbien heimgesucht: Bei 13 Betonmischern der Firma wurden die Reifen zerstochen. Zu den Anschlägen gingen anschließend per E-Mail Bekennerschreiben bei den Medien ein.

Die Hamburger Morgenpost überließ eine Mail dem Staatsschutz – der ermittelte ein Internet-Café als Absender. An einen Verfasser kann sich dort zwar niemand erinnern, jedoch stellte der Café-Inhaber der Polizei die Bänder der heimlichen und rechtswidrigen Videoüberwachung zur Verfügung. Darauf meinte ein Fahnder Thomas J. zu erkennen. Daraufhin wurde ohne Anordnung der Staatsanwaltschaft die Observation der gesamten Wasserturm-Ini angeordnet. J. wurde verfolgt und schließlich festgenommen – am Arbeitsplatz. Eine Hausdurchsuchung blieb ohne Ergebnis.

„Eine direkte Beteiligung wird unseren Mandaten nicht vorgeworfen“, sagen Beuth und Meyer. Obwohl es vom Ermittlungsergebnis nicht gedeckt sei, sagt Beuth, werde J. und C. vorgeworfen, am Verfassen der Bekennungen beteiligt gewesen zu sein. Auch den Vorwurf der schweren Nötigung halten die Juristen für nicht haltbar. Denn laut Rechtskommentaren liege diese nur vor, wenn eine Frau zu sexuellen Handlungen oder zur Abtreibung gezwungen oder jemand von einem Amtsträger genötigt werde. „Es ist eine absurde Konstruktion“, sagt Beuth, „auf diese Merkmale abzustellen.“ KAI VON APPEN

*Namen geändert