Gezocke um Nazi-Shop

Wusste die HSH Nordbank vor Unterzeichnung des Mietvertrags, dass im „Brevik“-Shop Thor Steinar- Bekleidung verkauft werden würde? Ja, behauptet Inhaber Uwe Meusel. Die Bank dementiert

Der Kleiderladen „Brevik“ kommt beim Zielpublikum gut an. „Also ich war im Geschäft und bin begeistert. Sehr gute Kleidung, reichlich Auswahl, die Bedienung ist auch sehr gut“, schreibt ein Neonazi auf dem Szeneportal „Altermedia“. Die freundliche Bedienung lobt auch ein anderer: „Der Laden ist nett eingerichtet.“ Allein die ständige Präsenz von „Antifa“ und „Zecken“ störe, und so ergeht der Rat an die rechte Kundschaft: „Zieht euch zivil an.“ AS

VON ANDREAS SPEIT

Seit einer Woche verkauft der Kleiderladen „Brevik“ in der Passage am Mönckebergbrunnen die bei Neonazis beliebte Kleidermarke „Thor Steinar“. Der Zuspruch ist groß, doch es könnte sein, dass Ladenbesitzer Uwe Meusel nicht nur durch die Bekleidung Gewinn machen will: Bei anderen Rechtsstreiten um vorzeitige Auflösung von Mietverträgen für seine Läden signalisierte er, bei größeren Zahlungen zuzustimmen. „Herr Meusel weiß, was er macht“, sagt auch Christian Buchholz, Sprecher der HSH Nordbank.

Seit der Eröffnung steht die Polizei täglich vor den Eingängen der Passage, zusätzliche Kräfte sind während der Geschäftszeit in Bereitschaft. Den anhaltenden Protest dürfte Meusel miteinkalkuliert haben. In Leipzig und Magdeburg erlebte er schon, was die Einmietung in bester Lage für anhaltenden Widerstand auslösen kann. „Man mietet ganz bewusst Läden im Zentrum an“, betont Alrik Bauer, Sprecher des sächsischen Verfassungsschutzes und hebt hervor, es sei „ein ganz deutliches Signal für das Bestreben der rechtsextremen Szene, die Mitte der Gesellschaft zu erreichen“.

Ein weiterer Grund für Meusel sich mit seiner Firma „Protex GmbH“ in prominenter Innenstadtlage einzumieten, ist vielleicht auch, dass hier Gegenaktionen sofort den Druck auf den Vermieter erhöhen. Denn für seine Hartnäckigkeit und seinen Geschäftssinn ist Meusel bekannt. So behauptet er gegenüber den Medien, dass der Vermieter HSH Nordbank durchaus wusste, dass sie Thor Steinar-Kleidung anbieten wollten. Das stünde im Mietvertrag. Buchholz betont jedoch, der Namen der Marke sei nicht gefallen, die Bank fühle sich „arglistig getäuscht“. Den Behauptungen von Meusel zum Mietvertrag darf Buchholz nicht widersprechen. „Das ist rechtlich so“, erklärt er, „wir dürfen bei keinem Vertrag Details mit dem Vertragspartner öffentlich machen“. Und wiederholt erneut: Ein „Kriseninterventionsstab“ sucht nach Lösungen, das Mietverhältnis schnell aufzulösen.

Meusel mit Geld zum Aufgeben des Ladens bewegen, gar für über 800.000 Euro, wie Gerüchte lauten? „Hierzu kann ich – darf ich – ihnen ebenso nichts sagen“, sagt Buchholz gegenüber der taz.

Von einer schnellen Lösung wird hinter den Kulissen längst nicht mehr ausgegangen. Und billig wird es für die Bank wohl tatsächlich nicht.

In Leipzig besteht seit drei Jahren der Thor Steinar-Laden „Tønsberg“. Auch dort erklärte der Vermieter, die Berliner Immobilienfirma Immovaria, dass man über das „tatsächliche Sortiment“ getäuscht worden sei. Das Mietverhältnis sollte aufgelöst werden, ohne Erfolg: Die Gerichtsverhandlung über eine Räumungsklage wurde vom 2. auf den 16. Oktober verlegt. Zum ersten Gerichtstermin im Juli ließ der Anwalt von Meusel durchschimmern, dass man sich vorstellen könnte, den Laden gegen eine Zahlung von 200.000 Euro zu räumen.

In Magdeburg wird seit November 2007 verhandelt. Der Thor Steinar-Laden „Narvik“ eröffnete dort im vergangenen Jahr im Hundertwasserhaus. Der Vermieter, die Gero AG, eine Gesellschaft des katholischen Bistums Magdeburg, strebte sofort eine Räumungsklage an. Nur gegen eine Zahlung von einer sechsstelligen Summe soll Meusel vom Mietvertrag freiwillig zurücktreten, heißt es.