Freihafen wird zum Zwerg

Senat beschließt starke Verkleinerung. Neues EU-Recht macht Sonderstatus unsinnig. Erleichterungen für Unternehmen, den Verkehrsfluss und den Stadtteil Wilhelmsburg

VON GERNOT KNÖDLER

Die Zollfrei-Zone im Hafen soll bis auf einen Rest auf dem Kleinen Grasbrook aufgehoben werden. Wie der Senat am Dienstag beschlossen hat, sollen sich ab dem 1. Januar 2011 gut 200 Unternehmen nach den Zollbestimmungen des übrigen Hafens richten. Der Rest der Freizone wird dann nur noch 20 kleine Firmen umfassen. Die geplante Veränderung wird von einem großen Teil der Wirtschaft begrüßt. Werner Bruhns vom Verein Hamburger Quartiersleute warnte allerdings: „Ich glaube, dass es sehr schwierig wird für viele Betriebe, ihr Geschäftsmodell fortzusetzen.“ Zolltechnisch sei die Veränderung nicht genügend durchdacht.

Mit der radikalen Verkleinerung der Freizone endet eine 120-jährige Tradition. Die Gründung des „Freihafens“ war 1881 beim Zollanschluss Hamburgs an das Deutsche Reich vereinbart worden. Waren konnten in dieses Areal importiert, weiterverarbeitet und exportiert werden, ohne dass dafür Zölle oder Steuern an den deutschen Fiskus entrichtet werden mussten.

Was beim Im- und Export lange Zeit ein Vorteil war, verwandelte sich für viele Firmen im Zuge der europäischen Integration in einen Nachteil. Zwei Drittel der umgeschlagenen Ware werden heute mit den Ländern der Europäischen Union ausgetauscht, also dem Zoll-Inland. Die Ein- und Ausfuhr in die Freizone schafft ein unnötiges Hindernis. „Mit dem Wegfall der Zollstellen werden zum einen die Leistungsfähigkeit der bestehenden Infrastruktur und zum anderen die Dispositionsfreiheit der Logistikunternehmen deutlich erhöht“, lobte Norman Zurke, der Geschäftsführer des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg. Mit der Verkleinerung der Freizone sei „ein guter Kompromiss zwischen der Mehrheit der Hafenunternehmen und der Initiative Pro Freihafen, die sich für einen Erhalt der Freizone einsetzte, gefunden“, sagte Zurke.

Bereits 2010 soll nach Wunsch des Senats der Zollzaun auf der Südseite des Spreehafens fallen. Dieses Jahr soll es eine Zwischenpräsentation der Internationalen Bauausstellung (IBA) 2013 in Wilhelmsburg geben. Viele Wilhelmsburger fordern schon lange Zugang zum Spreehafen. Das sei ein „Mauerfall der besonderen Art“, sagte GAL-Fraktionschef Jens Kerstan. Die Grünen hatten schon früher die Verkleinerung des Freihafens verlangt.

Die Freizone umfasst bisher noch 1.634 Hektar – 23 Prozent des Hafengebietes. 2011 soll sie auf 60 Hektar schrumpfen, davon zwölf Hektar Wasserflächen. Allein die Hafencity ist zweieinhalbmal so groß. Die neue Freizone wird im westlichen Teil des Kleinen Grasbrook, zwischen Hansahafen und Südwesthafen liegen. Weil sich das Gelände so besser einzäunen und überwachen lässt, schließt sie die denkmalgeschützten 50er-Schuppen ein. Einer der Schuppen beherbergt das Hafenmuseum, ein anderer wird für Veranstaltungen genutzt.

Dass überhaupt noch ein Teil des Freihafens übrig bleiben soll, ist dem Interesse einiger Pack-, Lagerei- und Außenhandelsunternehmen geschuldet. „Für uns ist der Maßstab, was die Betriebe auf dem Kleinen Grasbrook vor den Hintergrund der künftigen Rechtslage für sich als notwendig erachten“, sagte Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU).