Gewandelte Bilder

Die Reihe „Zweite Heimat – 50 Jahre Einwandererstadt Hamburg im Film“ möchte untersuchen, wie sich die Darstellungsformen von Ein- und Zuwanderern im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte verändert haben

Mit den unterschiedlichen Weisen, in denen Zu- und Einwanderer in den vergangenen Jahrzehnten in Hamburger Filmen dargestellt worden sind, befasst sich ab heute Abend im Metropolis die Reihe „Zweite Heimat – 50 Jahre ‚Einwandererstadt Hamburg‘ im Film“. Vor allem geht es dabei um Unterschiede und Entwicklungen, jeweils ein älterer und ein neuerer Film werden zueinander in Beziehung gesetzt, im Anschluss daran wird mit Filmemachern, Vertretern kultureller Einrichtungen und Menschen mit unterschiedlichsten Migrationserfahrungen diskutiert.

Heute Abend ist zum einen Yüksel Yavuz’ „Mein Vater, der Gastarbeiter“ zu sehen, den der Hamburger Regisseur 1994 über seinen Vater Cemal gedreht hat, der 1968 als „Gastarbeiter“ aus dem kurdischen Teil der Türkei nach Hamburg gekommen ist. 15 Jahre hat er auf einer Werft gearbeitet, ist dann in sein Heimatdorf zurückgekehrt, in dem der Traum vom besseren Leben „zu Hause“ indes auf eine völlig veränderte Realität prallt. Im Anschluss läuft Fatih Akins „Wir haben vergessen zurückzukehren“ von 2001, eine kleine, ruhige Dokumentation über seine 1965 als Gastarbeiter nach Hamburg gekommenen Eltern.

Einen Abend später ist Yavuz’ „Kleine Freiheit“ von 2003 zu sehen, in dem der 16-jährige Kurde Baran im Hamburger Kiez rund um die Reeperbahn untertaucht, weil er seit seinem Geburtstag nicht mehr als „geduldetes Kind“ gilt und ihm nun die Abschiebung droht. Er freundet sich trotz aller Gegensätze mit dem ebenfalls „illegalen“ Afrikaner Chernor an, doch dann glaubt er in einem alten Türken jenen Mann zu erkennen, der einst seine Eltern ermordet hat und droht, einen großen Fehler zu begehen. Beeindruckend an Yavuz’ Film ist dabei die Authentizität und Intensität, mit der die Lebensumstände seiner Protagonisten geschildert werden – die Probleme der Laien-Darsteller Cagdas Bozkurt und Leroy Delmar sehen ganz ähnlich aus. An beiden Abenden steht Yavuz für Fragen zur Verfügung.

Ganz andere Bilder, nämlich homogenisierende Vorstellungen des „Weiß-Seins“, hat da 1953 Robert A. Stemmles „Toxi“ produziert. Darin nimmt sich nach dem Krieg das ältere Paar Rose des fünfjährigen schwarzen Besatzungskinds Toxi an, das keine Verwandten mehr zu haben scheint – seine weiße Mutter zumindest ist verstorben. Während die Roses zu Beginn noch Ressentiments haben, erliegen schließlich alle dem Charme des kleinen Mädchens, und am Weihnachtsabend kehrt dann auch der Vater nach Deutschland zurück und schließt seine Tochter wieder in die Arme. Als „Toxi“ entstand, kamen gerade die ersten afro-deutschen Kinder in die Schule. Vordergründig für „Verständnis“ werbend, stellt der Film des auch an nationalsozialistischen Propaganda-Filmen beteiligten Stemmle die Existenz schwarzer Deutscher indes ausschließlich als sozialpädagogisches „Problem“ dar, die NS-Vergangenheit hingegen wird verdrängt.

Eine Gegenüberstellung zweier ganz verschiedener Frauenbilder ist am Mittwoch, den 28. zu sehen. In Tevfik Basers „40 qm Deutschland“ von 1986 wird die junge Turna von ihrem Mann Dursun, einem türkischen Gastarbeiter, aus ihrem kleinen Dorf nach Hamburg geholt. Ihr konservativer Mann gewährt ihr hier keinerlei Freiheit, sperrt sie ein, verbietet ihr den Kontakt nach außen. Turna flüchtet sich aus der Isolation zunehmend in eine Traumwelt. Schließlich wird sie schwanger und ihr sehnlichster Wunsch geht in Erfüllung. Plötzlich aber stirbt ihr Ehemann und Turna bleibt allein in der fremden neuen Heimat zurück – ohne Deutsch zu sprechen und ohne irgendjemanden zu kennen.

Dem beunruhigenden Bild von der Entstehung einer „Parallelgesellschaft“ steht Buket Alakus’ „Anam“ von 2001 gegenüber, der von der Türkin Anam, der Deutschen Rita und der Südafrikanerin Didi erzählt, die als Putzfrauen arbeiten. Anam ist eigentlich konservativ und traditionell, eine aufopferungsvolle Mutter und eine unterwürfige Ehefrau. Doch dann erfährt sie, dass ihr Mann sie betrügt und ihr 20-jähriger Sohn in die Drogenszene abzurutschen droht. Sie beschließt, ihren Sohn zu retten und begibt sich mit ihren beiden Freundinnen auf die Suche durch den Dschungel des Kiezes. Ein ganz anderes Bild als das beklemmende Porträt Turnas. Diskutiert werden soll, was in den 15 Jahren, die zwischen ihnen liegen, passiert ist.

ROBERT MATTHIES

ab Do, 15. 1., 19 Uhr, Metropolis, Dammtorstraße 30a, Programm: www.metropoliskino.de