Ein langer Lauf

Hamburgs GAL wählt die frühere Zweite Bürgermeisterin Krista Sager erneut zur Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl. Gastredner Jürgen Trittin lobt die schwarz-grüne Regierung in Hamburg

Seit 2002 sind Hamburgs Grüne mit zwei Abgeordneten im Bundestag vertreten. Damals erreichte die GAL überraschend 16,2 Prozent und zwei Mandate. Die Bürgerschaftsabgeordneten Anja Hajduk und Krista Sager wechselten nach Berlin. Bei der Bundestagswahl im September 2005 reichten sogar 14,9 Prozent, damit beide im Bundestag bleiben konnten. Als Hajduk im Mai 2008 Senatorin im schwarz-grünen Hamburger Senat wurde, musste sie ihr Bundestagsmandat niederlegen. Für sie rückte Manuel Sarrazin nach. Zurzeit hat Hamburg 14 Bundestagsabgeordnete: Sechs Sozialdemokraten, die in den sechs Wahlkreisen die Direktmandate erringen konnten, sowie über Landeslisten vier ChristdemokratInnen, ein FDPler, ein Linker und eben zwei Grüne.  SMV

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Die GALionsfigur soll es wieder richten. Erneut mit Krista Sager als Spitzenkandidatin zieht die GAL in den Bundestagswahlkampf. Mit 186 von 211 Stimmen wurde die 55-Jährige am Sonnabend von einer grünen Mitgliederversammlung in Farmsen auf den ersten Platz der Landesliste gewählt. Sager ist Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, in Hamburg war sie zwischen 1989 und 2002 Abgeordnete in der Bürgerschaft, zeitweise GAL-Fraktionsvorsitzende und in dem rot-grünen Senat von 1997 bis 2001 Zweite Bürgermeisterin und Wissenschaftssenatorin.

Auf dem noch als aussichtsreich geltenden zweiten Platz (siehe Kasten) setzte sich der Bundestagsabgeordnete Manuel Sarrazin in einer Kampfkandidatur gegen Alexander Porschke durch. Er gewann die Abstimmung glatt mit 134 zu 70. Der 27-jährige Europapolitiker war erst im Mai vorigen Jahres als Nachrücker in den Berliner Reichstag eingezogen. Der 55-jährige Porschke, lange Zeit Bürgerschaftsabgeordneter und unter Rot-Grün Umweltsenator in Hamburg, arbeitet nach mehreren Jahren in Südamerika als Umweltberater jetzt wieder in Hamburg.

Sowohl Porschke wie Sarrazin hatten auf dem Parteitag klargestellt, dass ihre Kandidaturen nichts mit Flügelkämpfen oder Alt-Jung-Konflikten zu tun habe. Porschke betonte die Notwendigkeit, die ökologische „Kernkompetenz“ der Grünen zu stärken. Allerdings haben die Grünen im Bundestag bereits mehrere Umweltexperten. Sarrazin hob die zunehmende politische Bedeutung der europäischen Dimensionen hervor. Für ihn spricht wohl auch, dass er als „Herzens-Europäer“ eine Lücke füllen könnte. Da der europapolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Rainder Steenblock aus Schleswig-Holstein, nicht erneut kandidiert, dürfte Sarrazin auf diesem Posten konkurrenzlos sein.

Auf den weiteren Plätzen der fünf Ränge umfassenden Landesliste folgen die GAL-Parteivorsitzende Katharina Fegebank (31), ihr Stellvertreter Anjes Tjarks (27) und Petra Orsinski (64). Sie alle könnten aber höchstens als NachrückerInnen zum Zuge kommen.

Vor den Wahlgängen hatte der grüne Spitzenkandidat bei der Bundestagswahl, Jürgen Trittin, die Hamburger ParteifreundInnen auf ein hartes Jahr eingeschworen. Die Europawahl im Juni, mehrere Kommunal- und Landtagswahlen und dann am 27. September die Bundestagswahl: „Stellt Euch bitte darauf ein, dass dies kein kurzer Sprint wird. Das wird ein ganz langer Lauf“, mahnte Trittin.

Nach Erkenntnissen der Demoskopen würde sich die Mehrheit der Grünen-Wähler erst in den letzten 14 Tagen vor den Wahlen festlegen und ein erheblicher Teil sogar erst in den letzten drei Tagen. „Da müssen wir alle fit auf der Matte stehen und bis zum letzten Tag um jede Stimme kämpfen.“

Die Bundestagswahl werde auch zu einem Plebiszit über Klimaschutz und Energiewende werden, sagte Trittin voraus. „Schrottreaktoren“ wie das Atomkraftwerk Brunsbüttel und der unverantwortliche Bau von „unflexiblen und umweltschädlichen“ Kohlekraftwerken müssen verhindert und der Weg frei gemacht werden für die Erneuerbaren Energien.

Lobend äußerte sich der Niedersachse, der in den rot-grünen Kabinetten von Gerhard Schröder (SPD) in Hannover und im Bund Umweltminister war, über das erste schwarz-grüne Bündnis auf Landesebene in Hamburg: „Ihr könnt mit Selbstbewusstsein sagen, dass der Weg, auf den ihr euch vor einem Jahr gemacht habt, der richtige ist.“ Denn die Stadt stünde zum Beispiel in der Schul- und Energiepolitik viel schlechter da, so Trittin, „wenn ihr die große Koalition nicht verhindert hättet“.