70er Bauten
: Sanftmut für Brutalismus

Die Bauten aus den 70er Jahren mögen uns nicht gefallen und einige von ihnen sollten sicher abgerissen werden. Mit ihnen genauso brutal zu verfahren, wie sie es mit ihrer Umgebung machten, hieße aber, einen Fehler zu wiederholen.

KOMMENTAR VON GERNOT KNÖDLER

Auch die Architektur der 70er Jahre hat es verdient, dass sie auf ihre überzeitliche Qualität hin geprüft wird. Das ist zwar schon fast eine Banalität. Sie muss jedoch rechtzeitig ausgesprochen werden, wenn sie städtebauliche Wirkung entfalten soll. Jede Generation braucht Abstand, um das Werk ihrer Vorgänger gelassen betrachten zu können. Bei der Kleidermode ist das für die 70er Jahre schon deutlich geworden – gerade finden alle die 80er grässlich. Bei der Architektur ist mit der gleichen Entwicklung zu rechnen.

Doch wenn Gestalt und Einbettung der Projekte aus den 70er Jahren respektiert werden sollten, heißt das nicht, dass wir mit jeder Bausünde zu leben hätten. Wie bei Neubauten muss die Stadtgesellschaft diskutieren, was sie unter Architekturqualität versteht. Je größer der zeitliche Abstand ist, desto einfacher dürfte das sein.

Aus der Debatte wird folgen, dass manches Ensemble unangetastet bleibt, dass mitunter verloren gegangene Qualitäten wiederhergestellt werden und dass bei anderen Gebäudekomplexen Tabula rasa gemacht wird.