KURZKRITIK
: Schlingerndes Sozialdrama

Womöglich sollte es eine Sozialstudie, nicht eine Charakterstudie werden

Der Stoff ist reizvoll: Hans Falldas „Wer einmal aus dem Blechnapf fraß…“, ein Roman, für den der Schriftsteller 1934 seine Knast-Erfahrungen in Neumünster und die schwierigen Versuche der Wiedereingliederung danach zum Ausgangspunkt nahm. Ein Drama von „ganz unten“ also, zeitkritisch, bitterböse, brennend aktuell. Die Theateradaption im Schauspielhaus kommt nicht recht in Gang – obwohl auf der Bühne fast unablässig hin und her gerannt wird und ein Trupp von Männern sukzessive die Tretmühlen des Gefängnisses, der Wohlfahrt, und der Selbstständigkeit in Szene setzen.

Das mag daran liegen, dass der Regisseur Daniel Wahl dem Personal keine Tiefe lässt. Wir sehen Gehetzte und Getriebene, und sehen auch die Antreiber, aber was all diese Gestalten innerlich umtreibt – das bleibt Fehlanzeige.

Dabei kann man die Überlegung des Regisseurs durchaus verstehen: Womöglich sollte es eine Sozialstudie statt einer Charakterstudie werden, womöglich interessierten ihn die Räder des Systems mehr, als diejenigen, die hineingeraten. Nur ist auch das nicht konsequent umgesetzt. Zu stark konzentriert sich das Stück dafür auf seinen Protagonisten – der im übrigen von Renato Schuch mit großer Kraft gespielt wird. So schlingert das Stück. Vielleicht, weil es zu viel will. MAXIMILIAN PROBST