HAMBURGER SZENE
: Die Lust am Verlust

ICH bin noch müde, ICH will nicht aufstehen, sind die ersten Regungen dieses derangierten, reparaturbedürftigen Dings

Ich habe oft gelächelt, wenn sich mein kleiner Sohn beim Einschlafen an einem Spielzeugauto festklammerte. Als könne er es hinübernehmen ins Reich der Träume und dort weiter rasen, auf den leeren Straßen der Nacht. Ich habe darüber lächeln müssen wie über den alten Brauch, Verstorbenen Lebensnotwendiges ins Grab zu legen. Mobiltelefone zum Beispiel, wenn auch nur papierene. Wie in China.

Bis ich begriff, dass ich es nicht anders halte. Ich sage, kurz bevor ich wegnicke, mein Gott bin ICH müde. Und beim Erwachen greife ich, wie mein Sohn nach seinem roten Auto, gleich wieder nach diesem ICH, das nicht minder klar umrissen ist. Wenn auch nicht so ansehnlich: ICH bin noch müde, ICH will nicht aufstehen, das sind die ersten Regungen dieses derangierten, gewissermaßen noch reparaturbedürftigen Dings. Aber egal wie, unfehlbar ist es da.

Heute morgen aber: Da war das Auto, des Nachts noch fest in der Faust meines Sohnes verschlossen, spurlos verschwunden. Verschluckt. Vom Erdboden natürlich. Eine halbe Stunde haben wir gesucht, nichts.

Könnte das auch mir…? Könnte mein Ich – für das sonderliche Sympathien aufzubringen mir ohnehin nie geglückt ist – sich nicht ebenfalls eines schönes Morgens absentieren? Wäre doch gelacht, wenn es nicht fertig brächte, was einem Spielzeug mühelos gelingt. MAP