Schulstreit: Schulkampf im Shopping-Center

Primarschulgegner dürfen in Einkaufszentren des Betreibers ECE Unterschriften sammeln. Freunde der Reform hingegen dürfen dort nicht werben.

Das ist keine Primarschulgegner-Demo - sondern die Eröffnung eines Computerladens im AEZ. Bild: dpa

Nicht nur in der Medienaufmerksamkeit, auch bei ganz praktischen Dingen genießt die Volksinitiative "Wir wollen lernen" (Wwl) Vorteile gegenüber anderen Initiativen. Sie dürfen zum Beispiel im Harburger Phönix-Einkaufscenter des Betreibers ECE Unterschriften sammeln.

"Ich war sehr überrascht, als ich das sah", sagt die Harburgerin Sabine Boeddinghaus. Als sie vor einem Jahr Unterschriften für das gegenteilige Volksbegehren "Schule für alle" sammelte, habe man ihr nicht mal gestattet, auf dem Vorplatz des Centers zu stehen. "Man sagte uns, ein Center müsse politisch neutral sein", sagt sie.

Die frühere SPD-Abgeordnete beschwerte sich deshalb beim Centermanagement. Boeddinghaus: "Sie meinte, das sei eine Entscheidung von ganz oben - von Alexander Otto". So heißt der jüngste Spross des Firmengründers Werner Otto, der seit 2000 die Geschäfte des ECE Konzerns führt.

Doch es ist nicht nur das Harburger Phoenix-Center, auch im Alstertal Einkaufszentrum (AEZ) in Poppenbüttel und im Einkaufszentrum Hamburger Straße können Primarschulgegner Unterschriften sammeln. Die Initiative Pro Schulreform, die für die Primarschule wirbt und am vergangenen Wochenende vor der Europa-Passage ein "teach In" zum individuellen Lernen plante, brachte dies auf die Idee, nachzufragen, ob sie ebenfalls in der Passage Flyer verteilen dürfe. "Der Centermanager lehnte ab", sagt Robert Schneider von Pro Schulreform. Angeblich wollte man den Besuchern ein "ungestörtes Besuchserlebnis" ermöglichen".

Schneider wandte sich daraufhin an die ECE-Zentrale, um zu erfahren, warum die Reformgegner im AEZ Unterschriften sammeln dürfen. Antwort des Centermanagments: Dies sei lediglich eine "passive Promotion", weil keine Flyer verteilt würden.

Und so standen die Anhänger von Pro Schulreform vor der Europapassage im Kalten, während drinnen die Gegner Unterschriften sammelten.

Ein Mitarbeiter am Infoschalter sagte daraufhin zur taz: "Wir sind heute mal unpolitisch und drücken ein Auge zu". ECE-Sprecher Christian Stamerjohanns verneint, dass es zu dieser Frage eine zentrale Vorgabe gibt. "Das ist eine Fehlinformation. Es gibt keine Ansage von oben oder von Herrn Otto". In der Europapassage sei das Sammeln sogar untersagt.

Stamerjohanns räumt jedoch ein, dass es mit dem Elbe-Einkaufzentrum, dem AEZ und dem Phönixcenter drei Zentren gebe, in denen die Wwl Unterschriften sammeln darf. Das sei dezentral von den Centermanagments entschieden worden. Zur Frage, warum nicht Pro Schulreform dort auftreten darf, sagt er: "Es kann nicht jede Initiative kommen". Man habe aber die Schulbehörde eingeladen, sich zu präsentieren. "Wenn die Behörde sagt, sie lässt sich durch diese Initiative vertreten, kann sie das machen".

In der Schulbehörde hält man diesen Vorschlag für nicht gangbar. Dafür sei die Behörde "nicht der richtige Ansprechpartner", sagt Sprecherin Brigitte Köhnlein. Ginge es der ECE darum, als "unabhängig und überparteilich" wahrgenommen zu werden, könnte sie "allen Initiativen, die sich dazu äußern, erlauben, in ECE Einkaufszentren für ihre Position zu werben."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.