Stadt ohne Bahn

VERKEHR SPD-Bürgermeisterkandidat Olaf Scholz ist gegen die Einführung der Stadtbahn. Grüne Wunschpartnerin Hajduk attestiert ihm Ahnungslosigkeit

„Die Stadtbahn ist für den Verkehr in Metropolen der Maßstab der Zukunft“

GÜNTER ELSTE, HOCHBAHN-CHEF

Olaf Scholz ist auf klare Distanz zur Wiedereinführung der Stadtbahn in Hamburg gegangen. Er sehe dafür „keine Perspektive“, erklärte der Bürgermeisterkandidat der SPD am Freitag beim Neujahrsempfang des Hamburger Abendblatt in den Messehallen. Bereits am Donnerstagabend hatte er im TV-Duell mit Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) im lokalen TV-Sender Hamburg 1 erklärt: „Die Stadtbahn wird so nicht kommen.“ Damit steuert Scholz auf einen ernsthaften Konflikt bei etwaigen Koalitionsverhandlungen mit seinem grünen Wunschpartner zu.

„Offenbar hat Herr Scholz von einem modernen Öffentlichen Nahverkehr keinerlei Kenntnisse“, attestiert ihm die designierte GAL-Spitzenkandidatin Anja Hajduk. Seine Aussagen seien von den bisherigen Positionen der SPD-Fraktion in der Bürgerschaft „meilenweit entfernt“, so Hajduk. Als Stadtentwicklungssenatorin hatte sie bis zum Bruch der schwarz-grünen Koalition im November die Federführung bei den Stadtbahn-Planungen. Im Entwurf des Wahlprogramms, das die Grünen am Wochenende auf ihrem Parteitag beschließen wollen, heißt es unmissverständlich: „Hamburg braucht die Stadtbahn.“

Mit seinen jüngsten Äußerungen versucht der SPD-Herausforderer, selbst den CDU-Amtsinhaber rechts zu überholen. „2025 fährt die Stadtbahn, wenn es finanzierbar und eine Trasse gefunden ist“, sagte Ahlhaus am Freitag. Noch im November hatte Scholz im taz-Interview die Stadtbahn als „ökologisch sinnvoll“ bezeichnet. Es müsse jedoch ermittelt werden, „ob wir uns das Gesamtprojekt leisten können“. Die Finanzierung und die Akzeptanz der BürgerInnen müssten gesichert sein.

Erst vor vier Tagen hatte der Chef der Hamburger Hochbahn, Günter Elste, die Stadtbahn für „ökologisch und verkehrspolitisch unverzichtbar“ erklärt. In allen Punkten sei die Stadtbahn komfortabler, schneller und betriebswirtschaftlich günstiger als Busse. In vielen europäischen Großstädten werde sie deshalb zurzeit wieder eingeführt oder ausgebaut: „Die Stadtbahn ist für den Verkehr in Metropolen der Maßstab der Zukunft“, stellte Elste klar. Die Hochbahn plant im Auftrag der Stadt die Stadtbahntrassen und würde sie betreiben. Politische Vorbehalte und finanzielle Bedenken hatte Elste, bis 1996 SPD-Fraktionschef in der Bürgerschaft, als „dem Wahlkampf geschuldet“ eingestuft.

Richtig grantig reagiert der Hamburger Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Die SPD sei dabei, „einen Quantensprung in der Verkehrspolitik zu blockieren“, kommentiert Landeschef Manfred Braasch. „Herr Scholz verkennt völlig die Herausforderung einer modernen Stadtmobilität.“ SVEN-MICHAEL VEIT