Wegbereiter der Shoah

BUCH Der Mythos vom Auswärtigen Amt als Hort des Widerstands im NS hielt sich lange. Das Buch „Das Amt und die Vergangenheit“ zeigt, wie umfassend es in die Ermordung der Juden eingebunden war

Mit erheblichem Aufwand wurde im Auswärtigen Amt 1945 die eigene Verstrickung in die Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland vertuscht. Mit Erfolg: lange hielt sich der Mythos, die deutschen Diplomaten seien zwischen 1933 und 1945 gar ein Hort des Widerstands gegen die grausame Vernichtungspolitik gewesen.

Im Oktober letzten Jahres überreichte dann die internationale Historikerkommission, die fünf Jahre lang über die NS-Vergangenheit des Auswärtigen Amtes geforscht hatte, ihren Abschlussbericht. Der machte deutlich, wie umfassend und aktiv das Amt von Beginn an in allen Phasen in die Ermordung der Juden eingebunden gewesen war: Diplomaten schirmten die Vernichtungspolitik nicht nur nach außen ab, sondern „erfassten“ und deportierten Juden in ganz Europa und wurden so zu Wegbereitern der Shoah. Widerstand blieb die Ausnahme.

In ihrem Buch „Das Amt und die Vergangenheit. Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik“ (Blessing, 880 S., 34,95 Euro) räumen Eckart Conze, Norbert Frei, Peter Hayes und Moshe Zimmermann mit allen Legenden auf. Und zeigen auch, dass nur wenige Diplomaten zur Rechenschaft gezogen wurden – und viele ihre Karriere nach 1945 fortsetzen konnten. Heute Abend stellt Moshe Zimmermann das Buch in der Forschungsstelle für Zeitgeschichte vor. ROBERT MATTHIES

■ Do, 24. 2., 18.30 Uhr, Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg, Beim Schlump 83