KOMMENTAR: SVEN-MICHAEL VEIT ÜBER SCHREIBERS ZAUN
: Scholz muss eingreifen

Nein, so geht es nicht. Es ist falsch, was Bezirksamtsleiter Markus Schreiber da vom Zaune bricht, und es ist politisch unklug, dass Bürgermeister Olaf Scholz kneift. Schreiber weiter gewähren zu lassen, wäre ein ernsthafter strategischer Fehler. Es wäre das erste Mal nach sechs Monaten, dass den Bürgermeister sein politischer Instinkt verließe. Er muss eingreifen.

Der Versuch von Scholz, in die unangenehme Angelegenheit nicht hineingezogen zu werden, ist zwar verständlich. Er will sich nicht die Finger schmutzig machen und Schreiber selbst auslöffeln lassen, was der sich da eingebrockt hat. Aber Scholz ist als Regierungschef und SPD-Landesvorsitzender eine zu dominante Figur, als dass er sich da raushalten könnte.

Der Zaun gegen Obdachlose ist eben nicht die bezirkliche Kleinigkeit, zu der Scholz sie am liebsten deklarieren möchte. Es ist ein Thema für den ganzen Stadtstaat mit hoher politischer und sozialer Sprengkraft. Spätestens am Mittwoch in der Bürgerschaft werden Senat und SPD-Fraktion sich erklären müssen – und wenn sie nicht auf Distanz zu Schreiber gehen, wird es an ihnen haften bleiben.

Als Schreiber den Bauwagenplatz Zomia im April räumen wollte, hat Scholz ihn gestoppt. Er wollte keine Provokation der linken Szene pünktlich zu den rituellen Mai-Krawallen in der Schanze. Das war klug. Jetzt die Ausgrenzung von Obdachlosen zu tolerieren, wäre töricht.

Scholz muss entscheiden. Er ist der Boss.