SPRACHRÄUME

Mit „Wortmeldungen aus Ungarn“ begeht das Auschwitz-Komitee den 67. Jahrestag der Befreiung des KZ und lädt die Holocaust-Überlebenden Eva Fahidi und György Dénes ein. Neben dem persönlichen Gespräch mit den ungarischen Zeitzeugen liest die Schauspielerin Marlies Engel aus dem Buch „Seele der Dinge“ von Eva Fahidi, die sich nach 60 Jahren zurück an den Ort der Vernichtung begibt, nach Auschwitz. Die Reise, ihr Überleben und die heutigen ungarischen Verhältnisse beschreibt sie in ihrem im Auftrag des Internationalen Auschwitz Komitees und der Gedenkstätte Deutscher Widerstand herausgegebenen Buch. So, 22. 1., 13 Uhr, Polittbüro, Steindamm 45

Eine Premiere ganz eigener Art bringt das Thalia Theater während der Lessing-Tage auf die Bühne. Das Stück „Die Kontrakte des Kaufmanns“ von Elfriede Jelinek aus dem Jahre 2009 wird in der Inszenierung von Nicolas Stemanns wieder aufgeführt. Diesmal jedoch soll eine Antwort auf die Finanzkrise, das erschütterte Verhältnis zum Gott des Geldes und die Figur des klagenden Bürgers mitgebracht werden. Gewissermaßen läuft diesmal die Wirtschaftskomödie als unabgeschlossenes Stück. Verlauf und Ende werden erst an diesem Abend entschieden. Eingeladen sind 150 (!) Menschen der Occupy-Bewegung, die mit ihrer mittlerweile weltbekannten Ausrüstung, Zelten und Transparenten, anrücken werden. Sie sollen der ohnmächtigen Sprachgewalt Jelineks die Worte wiedergeben und einen möglicherweise glücklichen Ausgang aus dem Verschuldungsschlamassel weisen. Ob und wie diese spontane Aktion gelingt, wie politisch sich Pessimismus und Weltverbesserung geben können, wird jedenfalls sicher nicht spurlos am Publikum vorbeigehen. Fr, 27. 1., 18 Uhr, Thalia Theater, Alstertor 1

Ein „wir“ trägt, gibt Geborgenheit und vergrößert die eigenen Möglichkeiten. Und kann kippen, so dass eine wahnsinnige Meute auch vor Gewalt gegen sich oder andere nicht zurückschreckt. Wie und wann eine Gruppe von Menschen diesen Sprung macht, erforschen Johan Heß und Timo Kocielnik in ihrem Stück „Wir“. Das Theatermacher-Duo zeichnet die Begeisterung und Sehnsucht nach einer Gemeinschaft und die ihr innewohnenden, auch zerstörerischen Gruppendynamiken nach. Zumeist harmlos fängt es an. Eine Mutprobe, um dazuzugehören, das Anlegen gleicher modischer Codes und das Sprechen als Gruppe als Auserwählte. Sieben junge Schauspielerinnen und Schauspieler bewegen sich an diesem Abend an der Grenze, an der nur noch nach den Regeln der Gruppe agiert wird und das Individuum immer mehr schwindet, um ganz in der Gruppe aufzugehen. Wie weit dieses aggressive Spiel getrieben werden kann, loten sie auch an dem jüngeren historischen Ereignis des Massenselbstmords der Sekte „Peoples Temples“ aus. Sa, 21. 1., 20.15 Uhr, Lichthof Theater, Mendelssohnstraße 15b

KENDRA ECKHORST