Klang ohne Kern

ISRAELISCHE MUSIK Eine Woche lang zeichnet das Festival „Sounds of Israel“ ein vielschichtiges Bild einer ungewöhnlich spannenden musikalischen Landschaft

Viel Raum braucht das hier gezeichnete Bild der israelischen Musiklandschaft

VON ROBERT MATTHIES

Wie typisch und verbindlich sind die Shirei Eretz Yisrael der ersten Pioniere? Wie eigenständig ist die in arabischer, türkischer und griechischer Popmusik verwurzelte Musika Mizrahit? Wie viel Israel steckt in den Rockbands russischer Einwanderer? Wie lässt sich eine Geschichte israelischer Kunstmusik schreiben, die all die Diskontinuitäten, Brüche und Widersprüche mitschreibt? Und was unterscheidet den Tel Aviver DJ von seinen New Yorker Kollegen?

Gerade mal knapp acht Millionen Menschen leben in Israel. Trotzdem ist jeder Versuch, die Vielfalt israelischer Musik in ein paar überschaubare Schubladen zu sortieren, unweigerlich zum Scheitern verurteilt. Zu jung ist das Land, zu weitverzweigt sind die Einflüsse und Hintergründe seiner Bewohner, zu dezentriert und vielschichtig ist seine kulturelle Landschaft, als dass sich ein Kern ausmachen ließe, den man „typisch israelisch“ nennen kann.

Entsprechend viel Raum braucht das Bild der israelischen Musiklandschaft, dass das Festival „Sounds of Israel“ nächste Woche mit insgesamt vierzehn Veranstaltungen in Hamburg zeichnet: Idan Raichel, dessen Multi-Kulti-Debüt 2002 unverhofft das bestverkaufte israelische Album aller Zeiten geworden ist, ist ebenso vertreten wie das palästinensisch-israelische Klavierduo Bishara Haroni und Yaron Kohlberg und die Tel Aviver Clubgrößen Shlomi Aber und Chaim.

Mit dem „Israeli Songbook“ setzt sich zum Auftakt heute Abend auf Kampnagel etwa die Sängerin Achinoam Nini alias Noa auseinander. Aufgewachsen in der New Yorker Bronx kehrte sie mit 17 Jahren für den Militärdienst nach Israel zurück – wo sie heute die wohl bekannteste Liedermacherin und Sängerin ist. Noa singt Lieder des Shirei Eretz Yisrael, die ihre jemenitische Großmutter ihr einst vorgesungen hat und die sie in opulente Orchesterarrangements überführt hat.

Einen Überblick über die zeitgenössische israelische Kammermusik präsentiert am Montag in der ehemaligen Talmud-Tora-Schule das Ensemble Meitar um den Pianisten und Musikwissenschaftler Amit Dolberg: beginnend mit dem „Urvater“ der israelischen Klassik Josef bewegt sich der Abend in Geburtsjahr-Zehnerabständen in die Gegenwart.

Und Jazz ist natürlich auch vertreten: Avishai Cohen, sechs Jahre Mitglied in Chick Coreas Sextett, präsentiert sein Projekt „Seven Seas“: ein Klang irgendwo zwischen New York und Israel.

■ Sa, 11. 2. bis So, 19. 2., diverse Spielorte, Infos und Programm: www.sounds-of-israel.de