Opposition fordert Aufschub

ENERGIENETZE CDU, GAL, FDP und Linke fühlen sich beim Rückkauf der Netze unzureichend informiert und fürchten einen Schaden zu Lasten Hamburgs

■ Der Rückkauf der Energienetze ist von einer Bürgerinitiative auf die Tagesordnung gesetzt worden.

■ Bei einem Volksentscheid parallel zur Bundestagswahl 2013 können die HamburgerInnen darüber abstimmen, ob die Netze wieder komplett in die Hand der Stadt kommen sollen.

■ Zu teuer, findet der SPD-Senat. Schon der von ihm geplante Rückkauf von gut einem Viertel würde 543 Millionen Euro kosten.

■ Umstritten ist, wie viel Einfluss auf die Unternehmenspolitik dem Senat ein solcher Anteil tatsächlich sichert.

In seltener Einmütigkeit hat die Opposition das Vorgehen des Senats beim Rückkauf der Energienetze kritisiert. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) habe sein Versprechen nicht gehalten, das geplante Geschäft für alle Fraktionen nachvollziehbar zu machen. Möglicherweise sei der Senat im Begriff, sich von den Energiekonzernen Eon und Vattenfall über den Tisch ziehen zu lassen, warnten die Fraktionen der CDU, GAL, FDP und Linken. Die für den 9. Mai geplante zweite und letzte Lesung des Gesetzes zum Rückkauf müsse verschoben werden, bis alle Fraktionen sich ein Bild vom Stand der Verhandlungen gemacht hätten.

Die SPD-Mehrheit in der Bürgerschaft hatte am 18. April in erster Lesung beschlossen, 25,1 Prozent der Versorgungsnetze für Strom, Gas und Fernwärme zurückzukaufen. Bürgermeister Scholz will damit einer Volksinitiative den Wind aus den Segeln nehmen, die die Netze komplett zurückkaufen möchte. Jetzt will sich die Opposition alle Akten zu dem geplanten Geschäft vorlegen lassen. Über genügend Stimmen verfügt sie. Die geplante zweite Lesung und den Beschluss zum Rückkauf kann sie allerdings nicht verhindern – sofern sich die SPD-Fraktion einig ist.

Die Oppositionsfraktionen sind alarmiert, nachdem interne Mails der Senatskanzlei bekannt geworden sind, die Zweifel an dem geplanten Geschäft wecken. Dabei geht es um die Frage, ob Hamburg in angemessener Weise an den Erlösen aus dem Betrieb des Stromnetzes beteiligt sein wird; ob sich der Senat bei der Unternehmensbewertung voreingenommene Gutachter hat aufschwatzen lassen und ob er in puncto Standort- und Arbeitsplatzgarantie zu Lasten der Stadt verhandelt hat.

Roland Heintze (CDU) warf dem Senat vor, er habe die versprochene Transparenz des Geschäfts bloß inszeniert. Olaf Scholz habe die Verträge „per ordre de mufti“ durchgedrückt. „Scholz war jeder Preis recht“, behauptete GAL-Fraktionschef Jens Kerstan. Der Senat habe die mit dem Rückkauf verbundenen Risiken nicht ausreichend geprüft, sagten Katja Suding (FDP) und Christiane Schneider (Linke).

Alle Fragen seien mehrfach gestellt und beantwortet worden, konterte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel. „Hier werden Verfahrensfragen benutzt, um eine Beteiligungsentscheidung zu Fall zu bringen“, kritisierte er. Die Opposition habe nicht einmal einen alternativen Abstimmungstermin nennen können. Der Senat steht unter Druck: Laut einer Bürgerschaftsdrucksache muss der erste Netzanteil am 30. Juni gekauft sein. GERNOT KNÖDLER