Bilder ernst nehmen

Späte Ehre für den Kunsthistoriker Edgar Wind

■ geboren 1968, Kunsthistoriker, koordiniert die Forschergruppe Bildakt und Verkörperung an der Humboldt-Uni und ist Herausgeber der Dissertation von Edgar Wind.

taz: Herr Schneider, Sie haben eine 89 Jahre zurückliegende Doktorarbeit zur Methodologie der Kunstgeschichte publiziert, „Ästhetischer und kunstwissenschaftlicher Gegenstand“ von Edgar Wind. Wer war Wind?

Pablo Schneider: Wind hat bei Erwin Panofsky studiert und gehörte zum engeren Kreis um die Kulturwissenschaftliche Bibliothek Warburg (K.B.W.) Er war ein Vertrauter von Aby Warburg, teilte dessen ikonologisches Interesse für Gesten, Gebärden und Symbole in Bildern. 1933 trug er wesentlich zum Umzug der Warburg Bibliothek nach London bei, um sie vor den Nazis in Sicherheit zu bringen.

Wieso weiß man so wenig von ihm?

Das ist wohl vor allem ein Problem der nachträglichen Kunstgeschichtsschreibung, die ihn in der Warburg-Nachfolge wegsortiert hat. In England ist er sehr bekannt. Auch kommen die deutschen Universitäten nicht so gut damit klar, wenn jemand die Fachdisziplinen sprengt. Wind war ja sowohl Kunsthistoriker als auch Philosoph.

Was macht sein Buch bis heute interessant?

Wie die anderen Vertreter der so genannten Hamburger Schule um die K.B.W. nimmt Edgar Wind Bilder sehr ernst, in dem Sinne, dass sie zivilisationsbildend sind und unser Leben berühren. Dem müssen wir als Betrachter gerecht werden, genauso wie die Bilder umgekehrt auch uns ernst nehmen müssen. Einer selbstgerechten L’art pour l’art-Haltung stand er kritisch gegenüber. Diese Forderung nach einer angemessenen Begegnung finde ich wichtig, gerade auch im Hinblick auf die heutige Kunstproduktion.INTERVIEW: BRITTA PETERS

Vortrag: „Die Aufgabe ist gestellt“ – Anschauung und Methode. Edgar Wind in Berlin und Hamburg, 19 Uhr, Warburg-Haus, Heilwigstr. 116