Servus und baba, Hicke!

Josef Hickersberger will „kein Tanzbär“ mehr sein und tritt erleichtert nun doch noch von seinem Amt als österreichischer Teamchef zurück. Die Fußballer des vorzeitig gescheiterten EM-Gastgebers aus dem Tal führen soll nun einer der üblichen Verdächtigen – oder vielleicht Volker Finke

WIEN taz ■ Josef Hickersberger ist auch nur ein Mensch. Als er nach dem EM-Aus gegen die Deutschen mit seinen Spielern ein paar Seiderl Bier an der Bar genommen hatte, ließ er sich von ihnen, „seinen Lebensabschnittspartnern“, wie er sie gestern auf einer Pressekonferenz nannte, breitschlagen. Er wollte nach dem Umtrunk weitermachen und das Team als Chef in die WM-Qualifikation gegen Serbien, Rumänien, Frankreich und die Färöer Inseln führen.

Je weiter Hickersberger sich aber räumlich und zeitlich von der Bar im burgenländischen Stegersbach entfernte, desto skeptischer wurde er. Hatte er sich von Gefühlen leiten lassen und unüberlegt gehandelt? „Ich habe auf Emotionen gehört und bin dann mit der Willenserklärung in die Öffentlichkeit gegangen. In Wahrheit hätte ich mir eine Bedenkzeit nehmen solle“, sagte er in einem Zeitungsinterview. Bereits am vergangenen Freitag hatte Hickersberger (60) durchblicken lassen, dass er sich vorerst lieber Familie und Golfspiel widmen will. In einem Gespräch mit dem Radiosender Ö3 hatte er gesagt: „Ich weiß nicht, ob es überhaupt eine Berechtigung gibt, dass ich bleiben soll. Ich wäre erleichtert, sollte der ÖFB sagen, jemand anderer soll den Job machen. Ich habe mein Bestes gegeben. Es war nicht genug, okay. Wenn ein anderer Teamchef werden soll, dann bin ich der glücklichste Mensch.“

Am Montagabend hat Hickersberger sein Glück erzwungen; er ist als Teamchef zurückgetreten. Er benachrichtigte Friedrich Stickler, den Präsidenten des Österreichischen Fußball-Bundes. Der antwortete per Pressemitteilung: Von einem „überraschenden“ Rücktritt ist darin die Rede und von einer „unerwarteten Vorgangsweise“. Man nehme die Kündigung „zur Kenntnis“. Die Herren sind also verdutzt bis indigniert.

Das Präsidium des ÖFB trat gestern in Wien zusammen. Das Treffen war langfristig geplant, doch anstatt sich mit der Zukunft der Auswahl unter der Führung von Hickersberger zu befassen, muss das Gremium jetzt einen neuen Coach suchen. Der soll in zwei bis drei Wochen gefunden werden. Im Gespräch sind die üblichen Verdächtigen aus Österreich: Walter Schachner, Kurt Jara, „Schneckerl“ Prohaska und Hans Krankl, wobei die beiden Letzteren bereits abgesagt haben (Prohaska: „Nur wenn der FC Barcelona, die Roma oder AC Milan kämen, würd ich’s machen“). Wohl auch nicht mehr im Rennen: ÖFB-Teammanager Andreas Herzog, denn Präsident Stickler will nach einem „Mann mit Erfahrung“ suchen. Nicht nur die Mehrheit der österreichischen Fußballfans scheint eine ausländische Lösung zu bevorzugen, auch der Verband selbst. Kolportierte Namen: Klaus Toppmöller und – Volker Finke. Na, da schau her!

Hickersbergers Rücktritt ist beileibe keine Vernunftentscheidung, wie der Scheidende glauben macht. Diverse Bundesliga-Manager übten in den vergangenen Tagen Kritik am Teamchef – sehr zu seinem Ärger. „Was erlaube Svetits“, sagte er gestern, um dann den Verbal-Trapattoni zu vollenden: „Habe fertig!“ Svetits? Peter Svetits ist Manager eines Zweiliga-Retortenklubs namens „Tiger-Team“, ein eher kleines Licht. Ferner war es Hickersberger leid, auf die Gnade der neun Fußballlandesfürsten, die neben Stickler im Präsidium sitzen, angewiesen zu sein.

Weil er sich also ungerecht behandelt fühlte, hat Hickersberger binnen einer Woche entschieden, „leer und müde“ zu sein. „Ein Tanzbär“, sagt er, will er auch nicht mehr sein. Lieber erinnert er sich an Österreichs glorreiche Tage: „Um mit Kaiser Franz Josef abzuschließen: Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut.“ Na dann: Servus und baba, Hicke!

MARKUS VÖLKER