DAGMAR SCHIPANSKI
: So habe ich den Westen verändert

Als Ostdeutsche habe ich immer wieder betont, dass Kinder in der DDR sehr gut betreut wurden. Verwerflich war dabei die ideologische Beeinflussung. Seit der friedlichen Revolution habe ich dazu beigetragen, dass sich das Familienbild in Deutschland verändert: In der DDR war für uns klar, dass die Erziehung der Kinder Aufgabe von beiden Elternteilen ist – im Westen hat man es vor allem als Frauenaufgabe gesehen. Die Kinderbetreuungszeit sollte nicht als Verlust für die berufliche Karriere angesehen werden. Durch die Angebote in der DDR hatten mein Mann und ich die Möglichkeit, Familie und Beruf zu vereinbaren: Unsere drei Kinder waren im Hort und im Kindergarten, alle haben später studiert, und aus allen ist etwas geworden – einer ist jetzt sogar Bundestagsabgeordneter.

Als erste weibliche Vorsitzende des Wissenschaftsrates habe ich angeprangert, dass es verhältnismäßig wenige Professorinnen gibt, obwohl immer mehr Frauen studieren. Und ich habe mich in der Arbeitsgruppe „Chancengleichheit für Frauen in der Wissenschaft“ dafür eingesetzt, dass Berufungskommissionen – neben der Gleichstellungsbeauftragten – mit mehr Frauen besetzt werden.

An der Technischen Universität Ilmenau habe ich als Rektorin mit für den Erhalt der Kinderkrippe gesorgt. Viele Universitäten in den alten Bundesländern haben daraufhin auch Kinderbetreuung eingeführt. Inzwischen gibt es sogar einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz. Leider hapert es mit der Ganztagsbetreuung – hier sind die neuen Bundesländer immer noch vorbildlich.

So bin ich nicht ganz mit dem Familienbild in der heutigen Gesellschaft zufrieden. Seit der friedlichen Revolution vor zwanzig Jahren hat sich aber viel verändert.

Dagmar Schipanski ist Physikerin und CDU-Politikerin. Geboren 1943 in Sättelstädt, lebt sie heute in Ilmenau