Außer Kontrolle

Dem Dänen Jan Mousing ist gelungen, wovon viele Lobbyisten nur träumen: Er kontrolliert eine Behörde, die seinen privaten Auftraggeber kontrollieren soll. Mousing ist Vorstandsmitglied im Verband der dänischen Ernährungsbranche – und er sitzt im Verwaltungsrat der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa).

Für Verbraucherschützer ist das ein Skandal. Denn die Efsa überprüft zum Beispiel Pestizide und gentechnisch veränderte Pflanzen auf Risiken. Industrie- und Landwirtschaftsverbände sind meist an „positiveren“ Gutachten interessiert als die Konsumentenorganisationen.

Als die EU Mousing 2010 in den Verwaltungsrat der Efsa berief, war er noch in unverdächtiger Position tätig: als Dänemarks Chefveterinär. Doch diesen Job gab er wenige Monate nach seiner Efsa-Berufung auf – und wechselte in den Lobbyismus. Dennoch haben die ständigen Vertreter der EU-Staaten in Brüssel den 56-Jährigen nun für eine zweite Amtszeit ab Juli ausgewählt.

Mousing sei „ein Cheflobbyist“ der dänischen Lebensmittelbranche gewesen, sagt Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament. „Da hat er überwiegend Schweinefleisch vertickt.“ Weil Dänemarks Schweinefleischerzeugung „eher industriell“ sei, habe es viel Kritik gegeben. „Er ist wirklich sehr industrienah.“

Die EU-Kommission hatte die Nominierung Mousings mit einem Gesetz begründet, nach dem 4 der 14 Efsa-Verwaltungsratsmitglieder aus Organisationen kommen müssen, „die die Verbraucherschaft und andere Interessen in der Lebensmittelkette vertreten“. Doch das, so die Initative Corporate Europe Observatory, heiße nicht, dass unbedingt Industrievertreter dabei sein müssten. Diese wollten etwas verkaufen – und hätten deshalb nichts in einer Aufsichtsbehörde zu suchen. JOST MAURIN