Mehr Hilfe für Kinder

Fall Kevin: Familienministerin von der Leyen plant ein Frühwarnsystem für Kinder, denen Verwahrlosung droht

BERLIN dpa/rtr ■ Nach dem Tod des zwei Jahre alten Kevin in Bremen will Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen die Vernachlässigung von Kindern durch ein neues Frühwarnsystem verhindern. „Im Fall Kevin hat das Zusammenspiel der staatlichen Hilfen sträflich versagt. Das können wir nicht länger hinnehmen“, sagte die CDU-Politikerin gestern mit Blick auf den Tod des Kindes, das unter staatlicher Vormundschaft stand.

Um künftig vernachlässigte und misshandelte Kinder früh zu finden und ihnen zu helfen, investiere das Familienministerium 10 Millionen Euro in ein Frühwarnsystem. Familien, die mit der Erziehung eines Kindes überfordert seien, sollen im Rahmen von Modellprojekten vor oder ab der Geburt intensiv begleitet werden. Die Projekte würden mit Ländern und Kommunen entwickelt.

Der kleine Kevin war am Dienstag tot im Kühlschrank seines drogensüchtigen Vaters gefunden worden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt auch gegen „bisher unbekannte Mitarbeiter“ des Amtes für Soziale Dienste wegen möglicher Verletzung ihrer Fürsorgepflicht. Der Vater sitzt wegen Totschlags in Untersuchungshaft.

Nachdem in der letzten Zeit verschiedene Fälle misshandelter Kinder bekannt wurden, bemühen sich viele Großstädte um besseren Jugendschutz: Eine dpa-Umfrage ergab, dass die zuständigen Ämter vielerorts von Kürzungen ausgenommen wurden. Dennoch muss sich ein Sozialarbeiter oftmals um dutzende Problemfälle kümmern. Und auch in anderen Städten bleiben Kinder oft bei ihren drogensüchtigen Eltern.

Der Kriminologe und ehemalige niedersächsische Justizminister Christian Pfeiffer will bereits am 1. November in fünf Regionen Niedersachsens und Bremens ein Programm zur Rettung sozial bedrohter Kinder starten. Die Stiftung Pro Kind könne sich 280 sozial bedrohter Mütter in den ersten Schwangerschaftsmonaten annehmen und sie über Jahre hinweg von Hebammen und Familienhelfern begleiten lassen. Das Projekt soll inklusive der Begleitforschung in den ersten zwei Jahren rund 3 Millionen Euro kosten.

Der familienpolitische Sprecher der CDU/CSU, Johannes Singhammer, forderte eine höhere Verbindlichkeit für die Teilnahme von Kindern an Früherkennungsuntersuchungen. Seine Kollegin von der SPD, Christel Humme, wies dies zurück. Besser seien mehr Angebote durch Schwangerschaftsberatungen und Familienhebammen. Insofern sei die Ankündigung von der Leyens zu begrüßen.