Sudan bringt Linke auf Trab

Linkspartei und WASG wollen Auslandseinsätze der Bundeswehr neu diskutieren. Anlass: Die UN-Mission mit deutscher Beteiligung im Südsudan, die man „positiv“ sieht

„Man sollte die Bundeswehrmittel in den zivilen Sektor geben“

BERLIN taz ■ In Linkspartei und WASG herrscht Diskussionsbedarf zu Militäreinsätzen im Ausland. „Bisher wurde das bei uns zu wenig debattiert“, sagt Fraktionsvorsitzender Bodo Ramelow. Die Linksfraktion hatte am Mittwoch entschieden, zur anstehenden Verlängerung der Bundeswehrbeteiligung an der UN-Mission im Südsudan (Unmis) keine Debatte im Bundestag zu fordern und stattdessen das „vereinfachte Verfahren“ zur Verlängerung des Einsatzes ohne Aussprache zu akzeptieren. Mehrheitlich beschlossen die Parlamentarier, einem Vorschlag von Fraktionschef Gregor Gysi zuzustimmen, „dass wir dem vereinfachten Verfahren mit der Maßgabe zustimmen sollten, dass ich in einem Brief auf unsere fortbestehende Ablehnung bzw. Nichtzustimmung hinweise und zugleich darum bitte, den Brief zum Gegenstand des Protokolls zu machen“.

Das Bundestagsmandat für Sudan erlaubt die Entsendung von bis zu 75 unbewaffneten Militärbeobachtern nach Südsudan und steht zur Verlängerung an, nachdem der UN-Sicherheitsrat am 6. Oktober das Unmis-Mandat für sechs Monate erneuerte.

Seit dem Parteitag von Münster im Jahre 2000 lehnt die Linkspartei Bundeswehreinsätze im Rahmen von UN-Blauhelmmissionen kategorisch ab. Sie befindet sich damit in einem Dilemma: Auf der einen Seite wirft sie den USA mit ihren Kriegseinsätzen außerhalb des UN-Rahmens den Bruch des Völkerrechts vor. Auf der anderen Seite akzeptiert sie das Völkerrecht nicht als Handlungsrichtlinie für die Bundeswehr.

Vizeparteivorsitzende Katja Kipping kann sich daher vorstellen, dass „wir vielleicht eine Diskussion über Auslandseinsätze führen müssen“. Kipping versteht sich als Pazifistin. Das sind die beiden Fraktionsvorsitzenden Oskar Lafontaine und Gregor Gysi nicht. In Partei und Fraktion ist bekannt, dass beide den Beschluss von Münster lieber heute als morgen aus der Welt schaffen würden. Und auch WASG-Mitbegründer Axel Troost findet, dass „wir diese Frage intensiver diskutieren müssen“.

Die UN-Mission im Südsudan ist für diese Diskussion umso geeigneter, als sie ein reiner Beobachtungseinsatz ist und selbst von Politikern der Linkspartei durchaus für sinnvoll befunden wird. So nennt der außenpolitische Fraktionssprecher Norman Paech die Mission „sehr positiv“, weil sie „offensichtlich zur Pazifierung sehr viel beigetragen“ habe. Die Teilnahme von Bundeswehrbeobachtern hingegen sieht Paech skeptisch: „Wir haben große Zweifel, ob das eine sinnvolle Sache ist“, sagt er. „Wir werden dafür plädieren, das auslaufen zu lassen und die Mittel in den zivilen Sektor zu geben.“ Paech hatte letzte Woche mit Paul Schaefer, verteidigungspolitischer Sprecher der Fraktion, Sudan besucht und dort Gespräche geführt. Eine Ausweitung der UN-Mission ins umkämpfte Darfur lehnt er wegen Sudans Ablehnung strikt ab. Zur Frage, ob in Darfur ein Völkermord stattfinde, lautet seine Antwort: ein „klares Nein“. DANIEL SCHULZ
DOMINIC JOHNSON

meinung und diskussion SEITE 11