WTO – Weltweit Taube Ohren

Im Vorfeld des G-8-Gipfels gibt es ab morgen in vielen Städten kritisches Straßentheater

BERLIN taz ■ Berlin-Mitte: Ein Mann mit Coca-Cola-Logo auf dem Blaumann und blau angemaltem Gesicht wirft mit einem roten Riesenwürfel eine Sechs. Er hüpft auf dem überdimensional großen Monopolyspiel von Feld zu Feld. Dabei schreit er unablässig „Kaufen, kaufen“ in sein Handy. Gehässig grinsend platziert er eine Plastik-Konzernfiliale auf dem Feld „Bolivien“ und steckt sich ein paar Millionen in die Tasche. Die kleine Gruppe am Spielfeldrand meckert und hält ihr „Wir haben Durst“-Plakat noch etwas höher. Der blaue Spieler hört das nicht.

An diesem Wochenende finden in ganz Deutschland weitere solcher Straßenaktionen statt. WTOpoly wird in Hannover und Köln gespielt, Puppenparaden ziehen durch Berlin, Lübeck und Saarbrücken. In vielen anderen Städten finden Demonstrationen und Vorträge statt.

Ortswechsel. Köln, Innenstadt: Ein Bauer aus Afrika rennt hinter einer lebensgroßen Puppe mit Halskette her. Er schreit, springt, fleht um Aufmerksamkeit. Er will ihr erklären, was mit ihm passiert. Doch Angela Merkel hört ihn nicht. Ihre Ohren sind verschlossen.

Was nach viel Spaß aussieht, ist durchaus sehr ernst: Mit dem Theater will die Organisation BUND für Umwelt und Naturschutz auf die Regeln der WTO aufmerksam machen. Die farbigen Personen auf dem Spielfeld stehen für globale Konzerne, die sich Geld in die Tasche stopfen. Die Welthandelsorganisation (WTO), symbolisiert durch eine maskierte Person, zieht sich regelmäßig mit den Zigarre rauchenden Konzernen zurück, um hinter vorgehaltener Hand die Spielregeln zu bestimmen. Umwelt, Bevölkerung und Menschenrechte stehen meckernd außerhalb des Monopolyfelds – sie dürfen nicht mitspielen.

Das Straßentheater ist Teil des Aktionsjahres der Initiative „Weltweit Taube Ohren“ – kurz: WTO. Anlass ist das G-8-Gipfeltreffen der führenden Industrienationen. Es findet im Juni nächsten Jahres unter deutschem Vorsitz in Heiligendamm an der Ostsee statt.

Die Aktion „WTO – Weltweit Taube Ohren“ wird von „Gerechtigkeit jetzt!“ koordiniert. Die Welthandelskampagne „Gerechtigkeit jetzt!“ ist ein Zusammenschluss von 36 Organisationen, darunter dem BUND, Attac und dem Evangelischen Friedensdienst (EED). Mitmachen ist jederzeit möglich. Mehr Information gibt es unter www.weltweit-taube-ohren.de. MAIKE BRZOSKA