Bayerischer PKK-Boss in Berlin vor Gericht

Der Verdächtige soll Mitte der 90er-Jahre Attacken auf mehrere Polizeireviere in Süddeutschland befohlen haben

BERLIN dpa ■ Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen begann am Mittwoch vor dem Berliner Kammergericht ein Prozess gegen einen mutmaßlichen Anführer der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Brandstiftung wird dem 58-jährigen Angeklagten vorgeworfen. Er verweigerte zunächst die Aussage. Die PKK gilt in den USA, der EU und der Türkei als Terrororganisation.

Aus Sicherheitsgründen verhandelt der Staatsschutzsenat des Kammergerichts im Berliner Kriminalgericht. Der Angeklagte, der kurdischer Herkunft und staatenlos ist, sitzt in einer Panzerglasbox. Der Prozess soll zunächst bis zum 20. Dezember dauern. Zweiter Verhandlungstag ist an diesem Donnerstag.

Die Bundesanwaltschaft wirft dem Mann vor, er habe unter dem Decknamen „Kadir“ als Regionsleiter „Bayern“ im süddeutschen Raum den Befehl für Brandanschläge gegeben. 1994 sollen Gesinnungsgenossen in mehreren Städten Molotowcocktails in öffentliche Gebäude geworfen haben. Ziel der Aktionen waren unter anderem Polizeireviere in Offenburg, Ludwigsburg und Stuttgart. Der Sachschaden wird auf rund 700.000 Euro geschätzt. Menschen wurden nicht verletzt.

Der Angeklagte hatte sich im März in Berlin gestellt. Daher wird der Prozess dort geführt. Zuvor hatte der Mann jahrelang im Untergrund gelebt. Zu seinem Lebenslauf werde er „zu gegebener Zeit“ Auskunft geben, kündigte die Verteidigung an.

Die PKK kämpft seit den 80er-Jahren für einen eigenen Staat oder ein Autonomiegebiet im Südosten der Türkei. Der Guerillakrieg kostete mehrere zehntausend Menschen das Leben. Ihre wichtigste Rückzugsbasis haben kurdische Rebellen im benachbarten Irak. Die Türkei droht derzeit mit Einmarsch im Nordirak.Vor dem Hintergrund dieses Konflikts kam es am Wochenende in Berlin zu einer mehrstündigen Straßenschlacht zwischen nationalistischen Türken und Kurden (taz berichtete).