Zwielichtige Post-Gewerkschaft GNBZ: Der Mindestlohn-Trick

Ver.di verklagt die Post-Gewerkschaft GNBZ. Der Vorwurf: Sie ließ sich von Firmenchefs kaufen. Das belegen jetzt neue Akten.

Hält die GNBZ für eine Scheingewerkschaft: Verdi-Vorstand Andrea Kocsis. Bild: dpa

BERLIN taz Haben die privaten Briefzusteller PIN und TNT versucht, mit einer Pseudogewerkschaft den Post-Mindestlohn auszuhebeln? Für die Gewerkschaft Ver.di ist die Antwort klar: "Die Gewerkschaft der neuen Brief- und Zustelldienste, kurz GNBZ, wurde ausschließlich für dieses Anliegen gegründet", sagte Bundesvorstandsmitglied Andrea Kocsis am Dienstag. Sie legte Akten vor, die diesen Verdacht erhärten - und kündigte eine Klage vor dem Kölner Arbeitsgericht an. Ver.di will prüfen lassen, ob die GNBZ eine Gewerkschaft im Sinne der Tarifautonomie ist.

Kriterien seien zum Beispiel, ob die GNBZ genügend Mitglieder hat, um sich zu finanzieren, und ob sie unabhängig von Arbeitgebern agiere, so Kocsis. Auch die Kölner Staatsanwaltschaft hatte sich bereits mit der GNBZ befasst - Ver.di hatte Vorstandsmitgliedern vorgeworfen, bestechlich zu sein. Die Staatsanwälte ließen die Ermittlungen Mitte April aus formalen Gründen fallen. Es bestehe kein "Austauschverhältnis" zwischen der Pin Group und der Gewerkschaft, so ihre Begründung. Gegen den Entscheid werde Ver.di Beschwerde beim Generalstaatsanwalt einlegen, sagte Kocsis. Mehr noch: Ver.di will zudem das Handeln des Briefzustellers TNT durchleuchtet wissen. Die Staatsanwaltschaft begründe ihre Ablehnung absurd, sagte Kocsis. "Nach dem Motto: Wer unter einer Decke steckt, kann sich nicht bestechen."

Neue Munition liefern Ver.di die Akten der Staatsanwaltschaft, die Ver.di-Rechtsanwalt Sebastian Scharmer einsehen durfte. Im Herbst 2007 hätten leitende Funktionäre von Postfirmen beschlossen, die Gründung einer neuen Gewerkschaft zu fördern, sagte er. Sie sollte mit dem Arbeitgeberverband einen den Firmen genehmen Tarifvertrag aushandeln, um den von der Koalition im Januar in Kraft gesetzten Post-Mindestlohn zu unterlaufen. Die Kosten für diesen Trick wollten sich laut Zeugen die Pin-Gruppe und ihr Konkurrent TNT teilen, sagte Scharmer.

Ver.di ist nicht allein mit seinem Verdacht - auch der Insolvenzverwalter der Pin-Holding, Bruno Kübler, glaubt an die Käuflichkeit der GNBZ. Er hatte der Staatsanwaltschaft Ende März Unterlagen übergeben, nach denen bis zum 10. Dezember 2007 Zahlungen von der Pin-Holding von rund 130.000 Euro an die GNBZ flossen. Zur Tarnung überwies das Geld eine eigens beauftragte Kanzlei. Bei der GNBZ war am Dienstag niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.

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