Befreiung von Geiseln vor Somalia: Bundeswehr hilft bei Piratenabwehr

Die französische Marine befreit vor Somalia zwei Geiseln aus der Hand von Piraten. Ein Bundeswehrflugzeug hilft. Doch die Hilfe kann verfassungswidrig sein.

Die französische Regierung bat um Hilfe bei der Befreiung zweier Segler, die Bundesregierung sagte zu. Bild: dpa

Die Bundeswehr hat bei der Befreiung zweier französischer Segler vor Somalia mitgewirkt. Ein älteres Ehepaar wurde zwei Wochen nach seiner Entführung von der französischen Marine aus der Hand von Piraten befreit, die Lösegeld erpressen wollten. Dabei hat ein deutsches Aufklärungsflugzeug Informationen an die Franzosen weitergeleitet, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Dienstag der taz.

Das See-Aufklärungsflugzeug vom Typ P-3C Orion ist seit Juli in Dschibuti stationiert. Das Flugzeug ist zurzeit der einzige deutsche Beitrag zur US-geführten Anti-Terror-Operation Enduring Freedom am Horn von Afrika.

Die französische Regierung hatte die Bundesregierung um Hilfe angefragt, weil sie im Moment keine Aufklärungskapazitäten vor der somalischen Küste hat. Die Bundesregierung sagte zu. "Der Einsatz lag unterhalb der Schwelle eines Streitkräfteeinsatzes", betonte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, deshalb sei kein Bundeswehr-Mandat erforderlich gewesen. Wenn jedoch der Einsatz mit Hilfe des deutschen Flugzeugs gesteuert wurde, dürfte die Einschätzung der Bundesregierung falsch sein.

Die Bundeswehrbeteiligung am Einsatz gegen die Piraten ist auf jeden Fall rechtlich heikel. Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hat in den letzten Monaten immer wieder betont, dass die Bundeswehr laut Grundgesetz keine Polizeiaufgaben vor Somalia wahrnehmen dürfe. Nur bei einem gegenwärtigen Überfall dürfe sie "Nothilfe" leisten. Die Befreiung von Entführten dürfte nach Jungs bisheriger Sicht keine akute Nothilfe sein.

Mit seiner engen Definition der Bundeswehrbefugnisse wollte der Minister Druck auf die SPD ausüben. Die SPD sollte einer Grundgesetzänderung zustimmen, die der Bundeswehr selbständige Polizeieinsätze im Ausland erlaubt. Doch die SPD lehnte dies ab.

Als Kompromiss einigte sich die Regierungskoalition vor einigen Wochen, die Bundeswehr solle vor Somalia an einem Anti-Piraten-Einsatz der EU teilnehmen. Die Teilnahme an internationalen Einsätzen ist nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1994 auch ohne Grundgesetzänderung möglich. Erforderlich ist aber ein ausdrücklicher Beschluss des Bundestags.

Ein solches Bundestagsmandat liegt noch nicht vor, weil auch die Anti-Piraten-Mission der EU noch nicht existiert. Der EU-Außenministerrat beschloss am Montag lediglich, eine solche Mission vorzubereiten. Hierzu wurde eine Planungszelle in Brüssel eingerichtet, an der die Bundeswehr bisher aber auch noch nicht beteiligt ist.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy feierte die nächtliche Geiselbefreiung als persönlichen Erfolg. In einer Pressekonferenz pries Sarkozy am Dienstag in Paris ausführlich den Mut der Soldaten des Marine-Sonderkommandos, die Spitze des französischen Militärs und die Geheimdienste. Zugleich dankte er Deutschland und Malaysia für die Hilfe. An die Adresse künftiger Geiselnehmer erklärte er: "Diese Operation ist eine Warnung an alle, die sich einer kriminellen Aktivität hingeben."

In der Nacht zuvor hatten 30 französische Soldaten das 16 Meter lange Boot "Carré dAs" geentert, um die beiden französischen Geiseln an Bord, Bernadette und Jean-Yves Delanne, zu befreien. Sie waren mit Booten nah an den Segler herangefahren. Bei der Operation kam ein Pirat ums Leben. Sechs Piraten wurden gefangen genommen und sollen in ein französisches Gefängnis gebracht werden.

Alle FranzösInnen seien wohlbehalten, so Sarkozy. Vom Élysée-Palast aus hatte der Präsident am Montagabend um 21 Uhr den Einsatzbefehl gegeben. Einzelheiten über die deutsche und malaysische Unterstützung bei der Geiselbefreiung sowie über den Ablauf der Kommandoaktion wollte Sarkozy nicht nennen. Er versicherte, dass sich die Operation zur See abgespielt habe. Kein französischer Soldat habe bei der Operation einen Fuß auf somalisches Land gesetzt.

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