Vier gegen Antisemitismus

Die Antisemitismus-Erklärung des Bundestags soll Anfang der Woche in einer neuen Fassung vorliegen. Beteiligt sind die Koalition, FDP und Grüne – die Linken nicht

BERLIN taz/ap ■ Im Streit um eine gemeinsame Erklärung des Bundestags gegen Antisemitismus deutet sich ein Kompromiss an. Wie Vertreter der FDP und Grünen am Wochenende bestätigten, wird es wohl einen „Vierer-Antrag“ geben. Das erfuhr die taz aus den Fraktionen. Die Linke wird auf Betreiben der Union nicht mehr als Antragsteller beteiligt sein.

Am Wochenende waren die Fraktionen noch in Verhandlungen über einzelne Textstellen der Erklärung. Ein fertiger Antrag könnte womöglich am Dienstag in den Bundestag eingebracht werden, sagte FDP-Politiker Christian Ahrendt der Berliner Zeitung. So könnte noch rechtzeitig vor dem 70. Jahrestag der Reichspogromnacht am 9. November abgestimmt werden.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast äußerte sich zurückhaltender, was den Zeitplan betrifft. Sie betonte, dass noch kein fertiger Antrag vorliegt. Einigungsfähig sei generell nur ein Text, mit dem „keine weiteren Ausgrenzungen verbunden seien“, sagte Künast.

Die Grüne spielte damit auf eine Textstelle in einer früheren Fassung der Erklärung an, nämlich, dass jüdische Unternehmer in der DDR enteignet wurden. Diese Passage wurde von den Linken als historisch falsch abgelehnt und könnte dazu führen, dass sie einem Antrag nicht zustimmen würden. Zusätzlich forderte Künast, dass es in dem Antrag „Aussagen zu konkreten Projekten gibt und nicht nur allgemeine Erklärungen“. Sie hob hervor, dass es eine staatspolitische Verantwortung sei, dieses Jahrestags würdig zu gedenken.

Petra Pau von der Linksfraktion zeigte sich offen gegenüber einem Vierer-Antrag und schloss nicht aus, diesem zuzustimmen. Ihre Partei hatte nach eigenen Angaben die Erklärung zu Antisemitismus ursprünglich angestoßen und war auf Drängen der Union als Antragsteller gestrichen worden. „Wenn es dazu kommt, werden wir nicht nach Absendern, sondern nach Inhalt entscheiden, ob wir zustimmen“, sagte sie am Sonntag zur taz.

Die vehemente Weigerung der Union, eine gemeinsame Erklärung gegen Antisemitismus mit den Linken zu unterschreiben, stieß beim Zentralrat der Juden in Deutschland auf Kritik. Generalsekretär Stephan Kramer nannte dieses Vorgehen in der Frankfurter Rundschau außerordentlich unglücklich. Zwar habe er Probleme mit einzelnen Linken, es gebe aber keinen Zweifel, dass von führender Stelle auf seriöse Weise gegen den Antisemitismus mitgearbeitet werde. Auch die CDU habe nicht immer eine gute Figur gemacht.

Die Antisemitismus-Erklärung war ursprünglich als fraktionenübergreifendes gemeinsames Symbol geplant, das pünktlich zum 9. November, dem 70. Jahrestag der Reichspogromnacht, die Bekämpfung des Antisemitismus in den Mittelpunkt stellen sollte. NICOLE JANZ