Integrationsgipfel: Einwanderer kritisieren scharfe Gesetze

Auf dem dritten Integrationsgipfel lobt Kanzlerin Angela Merkel (CDU), dass sich vieles verbessert habe. Doch die Verbände der Migranten zweifeln das an.

Frau Merkel bei der Pressekonferenz: Zwischen Maria Böhmer (Integrationsbeauftragte der Bundesregierung) und Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD). Bild: dpa

Beim letzten Integrationsgipfel protestierte er vor dem Kanzleramt, am gestrigen Donnerstag nahm Kenan Kolat wieder teil - und zog prompt eine versöhnliche Bilanz. "Das Klima hat sich auf beiden Seiten wieder verbessert", sagte der Chef der Türkischen Gemeinde in Deutschland. "Die Bundesregierung ist bereit, mit uns über unsere Themen zu sprechen." Er meint damit vor allem die Verschärfung des Ehegattennachzugs, wegen dem die Deutschtürken den letzten Gipfel boykottierten.

Kolat war einer von 120 Teilnehmern des dritten Integrationsgipfels, der am Donnerstag im Kanzleramt eine Zwischenbilanz des Nationalen Integrationsplans zog. Den Plan hatten die Gipfelteilnehmer aus Politik, Wirtschaft und Verbänden beim zweiten Treffen im Sommer 2007 verabschiedet. Kern sind insgesamt 400 Selbstverpflichtungen, deren Umsetzung alle Beteiligten nun selbst überprüft haben. Die Ergebnisse fasste das Kanzleramt in einem "Fortschrittsbericht" zusammen.

"Es ist sehr viel passiert", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach dem Treffen. Das Ergebnis sei "sehr viel mehr als die Summe der 400 Einzelmaßnahmen". Laut der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), sind alle Selbstverpflichtungen begonnen, einige bereits abgeschlossen. So habe der Bund die Integrationskurse für einige Zielgruppen auf 900 Stunden erweitert und die kursbegleitende Kinderbetreuung ausgebaut.

Die Migrantenverbände, aber auch der DGB und die Wohlfahrtsverbände sehen das kritischer: "Wir sind noch weit davon entfernt, alle Selbstverpflichtungen zu erfüllen", sagte Mehmet Tanriverdi, der Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Migrantenverbände. Tanriverdi saß bei der Pressekonferenz nach dem Gipfel auf dem Podium. Kolat, der immerhin die größte Migrantengruppe hierzulande vertritt, hatte die Kanzlerin dorthin nicht geladen.

Doch auch Tanriverdi forderte die Bundesregierung noch einmal öffentlich auf, die Verschärfung des Ehegattennachzugs und den Einbürgerungstest zu überdenken: "In Sachen Integration ist das ist kontraproduktiv." Die Kanzlerin und ihre Integrationsbeauftragte hörten sich das an, Veränderungswillen signalisierten sie nicht.

Böhmer kündigte an, in einem nächsten Schritt wolle der Bund nun klare Ziele definieren und Indikatoren erproben, mit denen diese überprüft werden sollen. Die Integrationsbeauftragte nannte zwei Beispiele: "Bis im Jahr 2012 sollen alle Kinder, die in die Grundschule gehen, die deutsche Sprache gut beherrschen und die Anzahl der Schulabbrecher soll halbiert sein." Letzteres ist bereits im Integrationsplan festgeschrieben, die meisten Selbstverpflichtungen aber fallen unverbindlicher aus.

Zudem, so Böhmer weiter, solle ein "strukturierter Dialog" mit allen Beteiligten weitergehen. Damit ist TGD-Chef Kolat zufrieden. "Wir haben zwar einen Bundesbeirat für Integration gefordert", sagte er nach der Pressekonferenz. Den werde es nun nicht geben. "Aber Hauptsache, der Dialog wird institutionalisiert."

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