Vor den Wahlen im Saarland: Saar-NPD fischt im linken Lager

Bei den kommenden Kommunal- und Landtagswahlen will die NPD punkten. Deshalb hat sie plötzlich Hartz-IV-Empfänger, Rentner und Leiharbeiter für sich entdeckt.

Wollen nett zu Arbeitslosen und Rentnern sein. Bild: dpa

SAARBRÜCKEN taz "Es kann nicht die Aufgabe Deutschlands sein, das Leben unserer Soldaten zu opfern, um die machtlüsternen Interessen der USA zu befriedigen und zu stützen." Das sagte kürzlich nicht, wie man meinen könnte, ein Linke-Politiker, sondern der Landeschef der NPD im Saarland, Frank Franz, nach dem Tod eines Soldaten der Saarlandbrigade in Afghanistan.

Doch nicht nur auf dem Felde der Friedenspolitik ähneln sich - nur wenige Tage vor dem Superwahljahr im Saarland mit gleich vier Urnengängen - die Stellungnahmen von Mitgliedern der Linken und der Rechtsextremisten frappierend.

"Massenarbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit, Leiharbeit und die ständig steigende Verelendung sind direkte Folgen des Raubtierkapitalismus und einer asozialen Politik, deren Produkt die heutige Finanzkrise ist", schrieb Franz kürzlich in einer Stellungnahme zur globalen Wirtschafts- und Finanzkrise. Die Sätze sind durchweg in einem solchen Ton gehalten, dass sie auch aus der Feder der Linkspartei stammen könnten. Ein weiteres Beispiel: "Nachdem wir die insolventen Banken mit Steuergeldern vor dem totalen Zusammenbruch bewahren müssen, gehören die Banken ohnehin dem Volk, denn das Volk zahlt die Steuern."

Die NPD fischt an der Saar ganz bewusst im selben Teich wie die Linke und macht sich stark für von Verarmung bedrohte Empfänger von Hartz IV, für Sozialrentner, Leiharbeiter und Geringverdiener. Ihr Lösungsansatz aber ist ein anderer: Nationalökonomie und "Ausländer raus!". In Franz hat die NPD zudem einen eloquenten Boss "Typ Schwiegermutterliebling" (Antifaschisten Saar), der glaubt, die militanten Freien Kameraden im Saarland, mit denen die NPD nach den Erkenntnissen des Landesamtes für Verfassungsschutz eng kooperiert, im Griff zu haben und die Partei auf "gutbürgerlich" trimmen zu können. "Es kann nicht geduldet werden, dass zu unseren Veranstaltungen vermummte Blöcke erscheinen; das ist schlichtweg ein fatales Signal an die Bürger", sagte Franz in einem Interview mit der Deutschen Stimme.

Auftritte von verbalradikalen Glatzköpfen auf Veranstaltungen der NPD hat allerdings auch Franz bislang nicht verhindert - oder nicht verhindern können. Franz will aufbauen auf die vier Prozent, die von der NPD bei der Landtagswahl 2004 errungen wurden; und auf die Erfolge seiner Partei bei den Kommunalwahlen im gleichen Jahr mit dem Einzug in einige Kreis- und Gemeindeparlamente. Weil bei den Kommunalwahlen im Frühjahr die Fünfprozenthürde wegfällt, rechnet die NPD jetzt damit, flächendeckend in Kreistage und Rathäuser an der Saar einziehen zu können. In Saarbrücken eröffneten die Rechtsextremisten inzwischen ganz offiziell ein "Bürgerbüro". Zudem hat die NPD in der saarländischen Provinz ein Tagungshotel angemietet und veranstaltet "Bürgerfeste".

Und die Braunen haben Zulauf. Laut Landesverfassungsschutzchef Helmut Albert hat sich die Mitgliederzahl der NPD seit 2003 mehr als verdoppelt. Aktuell sollen es rund 180 Nationaldemokraten sein. Inzwischen hat auch die Landesregierung unter Ministerpräsident Peter Müller (CDU) auf die "Herausforderung" reagiert. Mit Rock gegen rechts will man die Jugend von einem Engagement bei der NPD oder den Freien Kameraden abhalten und der "Schulhof-CD" der NPD etwas entgegensetzen. CDU-Fraktionschef Jürgen Schreier fordert dazu eine "konfrontative Auseinandersetzung" mit der NPD, ist aber gegen ein Verbot der Partei. Antifaschisten kritisierten postwendend, dass das Thema "immer wieder vor Wahlen entdeckt wird, bei denen die NPD einige Prozent dazugewinnen könnte". Mit temporärem Engagement aber sei der NPD nicht beizukommen.

NPD-Chef Franz jedenfalls weiß, dass er bei der Landtagswahl die Fünfprozenthürde nur dann knacken kann, wenn es ihm gelingt, die scharfen Hunde von den Freien Kameraden an die Kette zu legen - und gleichzeitig in das Wählerpotenzial von Lafontaine und der Linken einzubrechen. "Sozial geht nur national!", lautet die Parole der rechtsextremen Partei zur Abgrenzung von den "Multikultikommunisten des Volksverräters Lafontaine", wie Franz es formuliert. Wes Geistes Kind er tatsächlich ist, offenbarte der Landeschef schon im Juli in einer Stellungnahme zum Einbürgerungstest. Ob jemand die Staatsbürgerschaft erhalte oder nicht, sollte doch bitte schön nur von einer Frage abhängen: "Sind Vater und Mutter Deutsche und stammen diese wiederum von Deutschen ab?"

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