Ausbildung islamischer Religionslehrer: Schwarz-Gelb streitet über Islamkunde

Gleichbehandlung oder Kotau? Die NRW-Landesregierung ist uneins darüber, ob die muslimischen Dachverbände bei der Besetzung eines Lehrstuhls mitreden dürfen.

Gleiches Recht für alle? Die Katholische Kirche darf bei der Vergabe eines entsprechenden Theologie-Lehrstuhls mitreden. Bild: dpa

KÖLN taz Die Ausbildung von Lehrern für den islamischen Religionsunterricht an der Universität Münster sorgt für einen Grundsatzstreit in der schwarz-gelben Regierungskoalition in Nordrhein-Westfalen. Es geht um eine politisch heikle Frage: Soll den muslimischen Verbänden ein Mitspracherecht bei der Besetzung des Lehrstuhls für die Ausbildung von Religionslehrern eingeräumt werden? In einem internen Briefwechsel werfen sich Landeswissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) und CDU-Landtagsfraktionschef Helmut Stahl vor, einschlägige Bestimmungen der Landesverfassung zu missachten.

"Ich bin ein entschiedener Vertreter der Freiheit der Wissenschaft und werde auch dort, wo es um die Ausbildung der islamischen Religionslehrer geht, diesbezüglich kein Auge zudrücken", zitiert die Süddeutsche Zeitung aus einem Schreiben Stahls an den NRW- Hochschulminister. Pinkwart, der auch FDP-Landesvorsitzender ist, beruft sich dagegen auf "die Religionsfreiheit" und "das Gleichbehandlungsgebot" von Religionsgemeinschaften. "Unsere Landesverfassung stellt hier klare Voraussetzungen auf, die wir beachten müssen", so Pinkwart an Stahl.

Ausgangspunkt der Kontroverse ist der Streit um Muhammad Sven Kalisch. Im September vergangenen Jahres kündigte der von den vier großen konservativen muslimischen Dachverbänden getragene Koordinationsrat der Muslime in Deutschland (KRM) dem Leiter des Münsteraner Centrums für religiöse Studien die Zusammenarbeit auf. Kalischs Ansichten seien "nicht mit unserem Glauben zu vereinbaren", empörte sich der damalige KRM-Sprecher Ali Kizilkaya. So stelle der bundesweit ersten Lehrstuhlinhaber für Religion des Islam den Koran als Wort Gottes und die Existenz des Propheten Mohammed infrage.

In Absprache mit Minister Pinkwart zog daraufhin die Münsteraner Uni Kalisch von der Lehrerausbildung ab. Die soll nun von einer zweiten Professur übernommen werden. Das Besetzungsverfahren soll im Februar abgeschlossen sein. Sobald die Berufungsentscheidung getroffen sei, werde die Landesregierung "ein Votum der islamischen Verbände einholen, um eine möglichst breite Akzeptanz der Lehrerausbildung für Islamkunde an der Universität Münster herbeizuführen", hat Pinkwart versprochen. CDU-Mann Stahl pocht demgegenüber jedoch auf die Freiheit der Wissenschaft: "Einen Kotau vor den islamischen Verbänden darf es nicht geben."

Wenn es um Religion geht, ist das allerdings so eine Sache mit der Freiheit der Wissenschaft. Denn würde es sich hier nicht um einen islamischen, sondern um einen christlichen Lehrstuhl handeln, hätte die jeweilige Kirche selbstverständlich ein entscheidendes Wort mitzusprechen. So braucht ein Professor das Einverständnis des Bischofs, das "Nihil obstat" (Es steht nichts dagegen), um an eine katholische Fakultät berufen zu werden. Auch beim Religionsunterricht reden die Kirchen kräftig mit. So heißt es in Paragraf 14 der NRW-Landesverfassung: "Für die religiöse Unterweisung bedarf der Lehrer der Bevollmächtigung durch die Kirche oder durch die Religionsgemeinschaft." Einen solchen Rechtsanspruch gibt es für islamische Verbände allerdings nicht, da sie bislang nicht als Religionsgemeinschaft anerkannt sind.

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