Jeder zweite Bewerber bleibt ohne Ausbildung

2008 wurden knapp 10.000 weniger Ausbildungsverträge unterzeichnet. Gut 300.000 Jugendliche gingen leer aus

BERLIN taz ■ Im vergangenen Jahr haben 9.600 Jugendliche weniger einen Ausbildungsvertrag unterschrieben als noch 2007. Das teilten Arbeitgeber und Bundesregierung gestern mit. Trotz des Rückgangs zogen sie eine positive Bilanz für den Ausbildungspakt: Die Wirtschaft habe im Jahr 2008 rund 86.500 Ausbildungsplätze geschaffen. Das Ziel des Ausbildungspakts von jährlich 60.000 neuen Lehrstellen sei damit erreicht. Der zuletzt positive Trend sei aufgrund des deutlichen Bewerberrückgangs aber nicht fortgesetzt worden, hieß es.

Trotz dieser scheinbar positiven Bilanz bezeichnete DGB-Sprecher Axel Brower-Rabinowitsch den Ausbildungspakt als unzureichend. Laut der Jahresstatistik der Bundesagentur für Arbeit seien lediglich die Hälfte der rund 620.000 gemeldeten BewerberInnen in Ausbildung vermittelt worden. Mehr als 300.000 gingen leer aus. „Was in der Bilanz des Ausbildungspakts nicht auftaucht, ist die Zahl der Altbewerber, die keinen Ausbildungsplatz bekommen haben und in Minijobs oder berufsvorbereitenden Maßnamen eine Schleife drehen“, sagte DGB-Sprecher Brower-Rabinowitsch. Von dieser versteckten Arbeitslosigkeit seien über 200.000 Jugendliche betroffen.

Angesichts der Wirtschaftskrise erwarten Regierung, Verbände und Arbeitsagentur in Zukunft härtere Zeiten für Jugendliche auf dem Arbeitsmarkt: Je länger sich Deutschland in der Rezession befinde, desto größer würden die Auswirkungen auf den Ausbildungsmarkt im Jahr 2009 sein, hieß es. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) kündigte an: „Die Bundesregierung will sich im neuen Ausbildungsjahr noch stärker um diejenigen Jugendlichen kümmern, die es schwer haben auf dem Arbeitsmarkt.“

Dem DGB ist dieses Versprechen zu schwammig. Angesichts der Wirtschaftskrise forderte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock einen „wirksamen Schutzschild für Ausbildungsplätze“. Die Bundesregierung solle Ausbildungsfonds auf regionaler oder Branchenebene finanziell fördern. Zudem müssten die Kammern auf gesondert erhobene Gebühren für ausbildende Betriebe, wie beispielsweise auf Prüfungsgebühren, verzichten. Diese Kosten könnten laut DGB künftig von allen Betrieben gemeinsam getragen werden, da alle Betriebe von qualifizierten Fachkräften profitierten.

Dringlich und wichtig sei zudem, dass die Betriebe ausgebildete Jugendliche weiter beschäftigten und nicht nach der Ausbildung in die Arbeitslosigkeit entließen. DGB-Vize Sehrbrock warnte außerdem, vor allem benachteiligte Jugendliche könnten Verlierer der Krise werden. Deshalb sollten Bund und Länder Kleingruppenunterstützung durch Fachlehrer und Sozialpädagogen für Azubis mit Schwierigkeiten zu einem Regelangebot für die Betriebe ausbauen. MAHA