CDU für Hausbesuche bei Schützen

Kanzlerin Merkel findet bei CDU-regierten Ländern Unterstützung für ihren Vorschlag, Waffenbesitzer ohne Vorankündigung zu kontrollieren. Innenminister wollen Einschränkung der Unverletzlichkeit der Wohnung „nicht zügig, sondern gründlich“ prüfen

AUS BERLIN ULRIKE WINKELMANN

Bund und Länder wollen als Reaktion auf den Amoklauf von Winnenden nun doch prüfen, ob die Waffenkontrollen verschärft werden können. Nachdem Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Wochenende einen ersten Vorstoß gemacht hatte, erklärte ihr Sprecher Thomas Steg am Montag: „Es muss möglich sein, in einem so sensiblen Bereich wie dem der Waffenlagerung Kontrollen durchzuführen. Dass man diese nicht Wochen vorher ankündigt, liegt auf der Hand.“

Genau das ist geltendes Waffenrecht. Es regelt, wie Waffenbesitzer ihre Waffen daheim aufzubewahren haben, sieht unangemeldete Kontrollen von Wohnräumen gegen den Willen des Besitzers jedoch „nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit“ vor. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung „wird insoweit eingeschränkt“.

Der Täter von Winnenden hatte am Mittwoch eine unvorschriftsmäßig aufbewahrte Waffe seines Vaters genutzt, um 15 Menschen und sich selbst zu töten. Merkel sagte am Sonntag: Die Experten würden „sicherlich auch noch mal überlegen: Kann man vielleicht durch unangemeldete Kontrollen oder Ähnliches vielleicht noch stärker hinterherschauen“, dass Waffen und Munition rechtmäßig lagerten.

Ihr schloss sich am Montag als Erster Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) aus dem betroffenen Baden-Württemberg an. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) folgte: „Verdachtsunabhängige, stichprobenartige Kontrollen können das Bewusstsein für Einhaltung der Vorschriften stärken“, sagte er. Das nordrhein-westfälische Innenministerium unter Ingo Wolf (FDP) sagte, man lege sich noch nicht fest.

Schleswig-Holsteins Innenminister Lothar Hay (SPD) erklärte der taz: Solche Vorschläge seien für ihn „nur reflexhafte Griffe in den Zettelkasten von Forderungen, die man immer schon mal loswerden wollte“. Er bezweifle auch den Effekt: Nach einer Kontrolle „holt der Waffenbesitzer seine Pistole wieder aus dem Panzerschrank und legt sie zurück in den Nachttisch“ – das sei alles.

Das Bundesinnenministerium konnte am Montag nichts über die Praxis der gegenwärtigen – angemeldeten – Kontrollen sagen, weil dies Sache der Länder- und Kreisbehörden sei. Nun müssten „Experten“ bewerten, inwieweit das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung weiter eingeschränkt werden könne. Dies werde jedoch „nicht zügig, sondern gründlich und besonnen“ passieren, sagte der Ministeriumssprecher.

Der Vizepräsident des Deutschen Schützenbundes, Jürgen Kohlheim, sagte zur taz: „Es handelt sich bei den Sportschützen schon um einen sehr stark kontrollierten Personenkreis.“ Wenn man ständig damit rechnen müsse, dass ein Polizeiwagen vorfahre, „und die Nachbarschaft guckt zu, das ist für mich als Bürger eine erschreckende Vorstellung“.

Die Grundrechte der 1,5 Millionen Sportschützen dürften nicht weniger wiegen als die von polizeibekannten Kriminellen: „Bei denen ist auch ein richterlicher Durchsuchungsbefehl notwendig, wenn die Polizei in die Wohnung will“, sagte Kohlheim. Auch eine Regelung, wonach ein Schütze bei der Anmeldung seiner Waffe unterzeichnen müsse, dass er mit Kontrollen einverstanden sei, kollidiere seiner Ansicht nach mit dem Grundgesetz.