Geschickt verpackte Forderung nach Rot-Rot-Grün

WAHLKAMPF Grünes Bündnis versucht, doch noch Linkskoalition in Wahlaussage zu schmuggeln

BERLIN taz | Wenige Tage vor dem Grünenparteitag hat Parteichef Cem Özdemir erneut betont, dass die Grünen sich im Wahlkampf nicht deutlich für eine rot-rot-grüne Koalition aussprechen werden. Es bleibe bei der „Wahlaussage“, wie der Bundesvorstand sie auf dem Parteitag am Sonntag abstimmen lassen möchte. Demnach schließen die Grünen zwar eine Jamaika-Koalition mit Union und FDP aus, lassen sich aber sonst alles offen. Hierbei „wird es keine Richtungsverschiebung geben“, sagte Özdemir am Montag.

Nur „im Detail“, ergänzte er dann, seien Nachbesserungen denkbar. Genau hier setzt ein Bündnis um die beiden Abgeordneten Thilo Hoppe und Gerhard Schick an, das in der Wahlaussage noch wenigstens eine Akzentverschiebung hin zu Rot-Rot-Grün erwirken möchte. In einem Änderungsantrag formulieren Hoppe und Schick: „Wir wollen gesellschaftliche und parlamentarische Mehrheiten für sozial-ökologische Reformprojekte nutzen.“ Für diese aber stünden nur die Grünen ein, solange „SPD und Linkspartei bei ihrer Blockadehaltung“ blieben.

Der Kniff dabei ist, die rot-rot-grüne Idee in dem Bedauern über deren Unrealisierbarkeit zu verpacken, das wiederum in einen Angriff auf SPD und Linke verpackt ist. Hierfür finden sich inzwischen auch Anhänger jenseits des linken Flügels. Deshalb wird dem Vorstoß von vielen eine gewisse Chance zugerechnet.

Eher für Irritation sorgte deshalb ein Papier von Schick, das dieser zusätzlich am Sonntag gestreut hatte. Darin schreibt der Finanzexperte explizit: „Ich sehe derzeit nur eine Konstellation für eine überzeugende Antwort auf die Wirtschaftskrise, nämlich eine ökologisch-soziale Koalition.“ Die Krise erfordere diese Antwort jetzt – „nicht 2013“. Hierzu seien SPD und Linkspartei aufgerufen, sich zu bewegen.

Schick sagte zur taz, er wolle mit diesem deutlichen Bekenntnis zu Rot-Rot-Grün nicht den eigenen Vorschlag zur Nachbesserung der Wahlaussage torpedieren. Er wolle vielmehr „eine weitergehende Perspektive aufzeigen, was in der politischen Linken sonst noch möglich wäre“.

Was die Grünenspitze vor heiklen Parteitagen freilich nicht gebrauchen kann. Die Basis bekundet bereits in über 1.200 weiteren Änderungsanträgen ihre Unzufriedenheit mit dem Wahlprogramm. Das, sagte Özdemir, „ist selbst für grüne Verhältnisse viel“. UWI