Guantánamo-Häftlinge im Check

SICHERHEIT EU-Innenminister nennen Bedingungen für die Aufnahme von Guantánamo-Insassen. „Einige Dutzend“ könnten nun kommen. Schäuble: Aber nicht hierher

„Man muss erklären, warum für Europa andere Regeln gelten als in den USA“

WOLFGANG SCHÄUBLE (CDU)

VON D. SCHULZ
, U. WINKELMANN

Guantánamo-Gefangene dürfen erst nach sorgfältiger Prüfung möglicher Sicherheitsrisiken in Europa aufgenommen werden. Auf diesen Grundsatz einigten sich die Innenminister der 27 EU-Staaten und ihre Kollegen aus der Schweiz, Norwegen und Island am Donnerstag in Luxemburg.

Der tschechische Innenminister Martin Pecina sagte im Namen des EU-Vorsitzes, es könnten auf dieser Grundlage bis zu „einige Dutzend“ ehemalige Gefangene nach Europa kommen. Jedes Land, das Guantánamo-Insassen Zuflucht bieten will, müsse umfassende Auskünfte über die Exgefangenen einholen. „Jeder Mitgliedsstaat wird von den Vereinigten Staaten alle verfügbaren, auch Geheimdienstinformationen verlangen“, heißt es in der Vereinbarung. Diese Informationen müssen dann an alle anderen EU-Staaten weitergeleitet werden.

Die Entscheidung über die Aufnahme trifft aber jede Regierung für sich. Der Informationsaustausch soll den übrigen Staaten lediglich Gelegenheit zur Stellungnahme geben und es ihnen ermöglichen, „Maßnahmen vorzubereiten, die sie für die innere Sicherheit für angemessen erachten“. Innerhalb des Schengen-Raums sind die regulären Grenzkontrollen abgeschafft.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) bekräftigte seine Vorbehalte gegen eine Aufnahme von Guantánamo-Gefangenen. „Wenn alle Bundesstaaten der USA zu einer Aufnahme nicht bereit sind, muss man der Öffentlichkeit in Europa erklären, warum für Europa andere Regeln gelten als für die USA“, sagte er. Die Bundesrepublik werde allenfalls Guantánamo-Insassen akzeptieren, die „einen Bezug zu Deutschland haben und kein Sicherheitsrisiko aufweisen“. Auf der deutschen Innenministerkonferenz in Bremerhaven hatte Schäuble zuvor erklärt, ihm sei bisher kein solcher Fall bekannt.

In Bremerhaven stritten die deutschen Innenminister unterdessen über den von Schäuble schon immer geforderten Bundeswehreinsatz im Innern. Tags zuvor hatten etwas missverständliche Presseerklärungen der SPD-Seite dazu geführt, dass eine Einigung auf Schäubles Linie in der kommenden Legislaturperiode möglich schien. Dies jedoch räumte der Berliner Innensenator Ehrhart Körting für die SPD wieder aus. Sie will das Grundgesetz nur für zwei Spezialfälle modifizieren: Erstens soll die Armee zur Befreiung von Schiffen besser eingesetzt werden können. Zweitens soll das Militär eingreifen können, wenn entführte Flugzeuge als Waffen benutzt werden.

Unklar war, ob sich die Innenminister im Kampf gegen den illegalen Alkoholverkauf an Jugendliche einigen würden. Der Einsatz minderjähriger Testkäufer war zunächst umstritten. Ob es höhere Strafen für Gewalt gegen Polizisten etwa durch Demonstranten geben würde, blieb ebenfalls offen. (mit epd, ap)