Peter Schaar möchte Internet-Sperren nicht kontrollieren

Der Datenschutzbeauftragte will mit der Aufsicht über die Kinderporno-Sperrliste nichts zu tun haben

BERLIN taz | Das hatten sich die Koalitionsexperten schön ausgedacht. Ein Kontrollgremium, das vom Bundesdatenschutzbeauftragten eingerichtet wird, soll die Zensurliste des Bundeskriminalamtes für Kinderpornoseiten überwachen. Doch Bundesdatenschützer Peter Schaar will dabei nicht mitmachen. „Mit mir hat bisher niemand gesprochen und ich finde das auch keine gute Idee“, sagte Schaar der taz.

Die geplante Sperrliste soll von einem unabhängigen Expertengremium kontrolliert werden, das die Liste jederzeit einsehen kann. Das sieht der aktuelle Arbeitsentwurf vor, den die Koalitionsexperten Martin Dörmann (SPD) und Martina Krogmann (CDU) ausgehandelt haben (siehe taz vom 16. 6.). Wenn das Bundeskriminalamt eine Webseite zu Unrecht auf die Kinderporno-Liste gesetzt hat, soll das Gremium die Streichung der Webseite von der Liste verlangen können. Die schwarz-rote Koalition reagierte damit auf den Vorwurf, das Bundeskriminalamt könne nach eigenem Geschmack missliebige Webseiten auf eine geheime Zensurliste setzen.

Laut Gesetzentwurf sollen die Kontroll-Experten unabhängig sein, aber vom Bundesdatenschutzbeauftragten bestellt werden. Peter Schaar ist darüber nicht erfreut. „Wie soll ich Experten für ein solches Gremium auswählen? Ich kenne mich in der Thematik doch gar nicht aus. Das hat mit Datenschutz ja nichts zu tun.“

Zwar ist Schaar in Personalunion auch Beauftragter für Informationsfreiheit, doch mit deren Einschränkung will der ehemalige Grünen-Politiker nichts zu tun haben. „Das Kontrollgremium soll ja darüber befinden, welche Inhalte zu Recht auf der Sperrliste stehen und welche nicht“, sagte Schaar. Der Bundesdatenschutzbeauftragte befürchtet, dass solche Entscheidungen ihm zugerechnet werden könnten, wenn das Gremium bei seiner Dienststelle angesiedelt wird – obwohl er inhaltlich gar keinen Einfluss auf die unabhängigen Experten und ihre Urteile nehmen könnte.

Der Datenschutzbeauftragte plädiert nun dafür, das Gesetz gegen die Sperrung von kinderpornografischen Seiten im Internet zu vertagen. „Man sollte dieses Gesetzgebungsverfahren, bei dem es auch noch viele andere offene Fragen gibt, nicht überstürzt zu Ende bringen“, sagte Schaar am Montagabend zur taz. Bisher ist allerdings noch geplant, dass das umstrittene Gesetz am Donnerstag im Bundestag beschlossen wird. CHRISTIAN RATH